Die gläsernen Fußgänger

Pinneberg und Eckernförde erfassen Handydaten von City-Besuchern. Datenschützer kritisieren das

„Die Registrierung der Handykennung ist nicht so anonym wie eine Strichliste“

Von Marco Carini

Die Kontrolle dient wirtschaftlichen Interessen, heißt es. Um Kundenströme zu erfassen, lassen die Marketingabteilungen der schleswig-holsteinischen Städte Pinneberg und Eckernförde seit neustem alle City-Besucher erfassen, die das WLAN ihrer Handys oder Smartphones auf Empfang gestellt haben. „Wir möchten ermitteln, wie viele Menschen das Weinfest, das Summerjazz-Festival oder die Innenstadt an einem normalen Werktag besuchen“, sagt Dirk Mathiesen, Geschäftsführer des Pinneberger Stadtmarketings.

So werden derzeit an vier Orten der Pinneberger City schuhkartongroße Hightech-Geräte des Karlsruher Firma Vitracom installiert, die unauffällig jedes Handy registrieren, dessen WLAN-Funktion eingeschaltet ist. Dabei wird, um Mehrfachzählungen auszuschließen, die individuelle Handykennung erfasst, anschließend aber, so Vitracom-Geschäftsführer Axel Stephan, „sofort codiert und anonymisiert“. Deshalb könne „keine Person identifiziert werden“. In Eckernförde hängen bereits seit einem halben Jahr sieben solcher Geräte – fünf in der City und zwei im Bereich des Hafens. „Völlig ohne Probleme“, wie Stefan Borgmann, Chef der Eckernförder Touristik & Marketing GmbH berichtet.

Die schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte, Marit Hansen, hat da Bedenken. „Die Registrierung der Handykennung ist nicht so anonym wie eine Strichliste“, betont sie. Rückschlüsse auf die registrierte Person seien möglich. Auch Verbraucherzentralen-Vorstand Klaus Müller, Ex-Umweltminister des Landes, hält die Zwangsregistrierung für „absolut inakzeptabel“. Die Kunden müssten „selbst entscheiden können, ob ihre Daten erhoben werden dürfen“. Nach einer Umfrage der Verbraucherzentrale ist die Mehrheit der Bevölkerung gegen eine solche Registrierungen ihres Aufenthaltsortes.

Protest kommt auch von der Piratenpartei. „Wir wollen keinen gläsernen Fußgänger“, sagt Sven Lange, der für die Partei im Elmshorner Kreistag sitzt. Anhand der gesammelten Daten „könnte überprüft werden, ob Personen, deren Gerätenummer man vorher ausgelesen hat, sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort aufgehalten haben“. So sei es technisch möglich, die Teilnehmer einer Demo, die an einem der Messpunkte vorbeiführt, über ihr Handy zu identifizieren.

Zudem sei eine Deanonymisierung der erhobenen Daten technisch nicht besonders anspruchsvoll und die Gefahr bestehe, dass – je mehr Messpunkte existieren – Bewegungsprofile von Personen erstellt würden. Um die Einhaltung des Datenschutzes gewähren zu können fordern die Piraten „Transparenz der verwendeten Algorithmen zur Anonymisierung“. Und verweisen darauf, dass vor Kurzem in den Niederlanden ein Lieferant dieser Daten-Scanner ein saftiges Bußgeld aufgebrummt bekommen hat, weil er personengebundene Daten illegal und unanonymisiert abgespeichert hatte. Vom Hersteller haben sie eine schriftliche Stellungnahme zu allen Datenschutzbelangen eingefordert.