Neuseeland rückt nach links

Labour-Oppositionschefin Jacinda Ardern wird neue Premierministerin

Von Urs Wälterlin, Sydney

Die bei den Wahlen am 23. September drittplatzierte Partei New Zealand First hat sich am Donnerstag für eine Koalition mit der Labourpartei entschieden. Damit wird deren erst 37-jährige Chefin Jacinda Ardern – mit Duldung der Grünen – neue Premierministerin. Die charismatische Politikerin, die erst kurz vor den Wahlen die Partei übernahm, kann auf 63 der 120 Abgeordneten zählen.

Bis zuletzt war unklar geblieben, ob sich New-Zealand-First-Chef Winston Peters für die konservative Nationalpartei oder für Labour entscheiden würde. Die Nationalpartei des bisherigen Premiers Bill English wurde stärkste Kraft, verfehlte aber die Mehrheit. Peters wurde zum „Königsmacher“.

Der Rechtspopulist erklärte, er habe sich aus sozialen Gründen für Labour entschieden. Der Kapitalismus müsse wieder „ein menschliches Gesicht“ erhalten. Die bisherige Regierung hatte in den letzten neun Jahren eine neoliberale Politik verfolgt, die zu Wirtschaftswachstum, aber auch zu einer immer größeren Kluft zwischen Arm und Reich führte. Die neue Koalition will jetzt die Einwandererzahlen senken, die sie für den Mangel an erschwinglichem Wohnraum verantwortlich macht. Außerdem sollen Ausländer – vor allem chinesische Großinvestoren – keine Farmen mehr kaufen können.

Ardern hat auch mehr Umweltschutz versprochen. Obwohl Neuseeland 80 Prozent seiner Elektrizität mit erneuerbaren Energien produziert, emittiert es von allen OECD-Staaten gemessen am Bruttoinlandsprodukt den zweithöchsten Grad an Klimagasen. Der Ausstoß stieg seit 1990 um 23 Prozent. Die OECD hatte jüngst Neuseelands „auf Ausbeutung der natürlichen Ressourcen basierendes“ Wirtschaftsmodell kritisiert.