Wirtschaft kriegt den Kanal nicht voll

Schleswig-Holsteiner Grüner will Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals für 838 Millionen Euro verhindern

Von Sven-Michael Veit

Konstantin von Notz nennt ihn ein „Luftschloss“. Der geplante Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals für mindestens 838 Millionen Euro müsse gestoppt werden, fordert der grüne Bundestagsabgeordnete aus Mölln im Südosten Schleswig-Holsteins. „Der Ausbau ist ein reines Prestigeprojekt, das prognostizierte Kosten-Nutzen-Verhältnis rechtfertigt das nicht“, so von Notz. Deshalb will der stellvertretende Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion bei den Verhandlungen über ein Jamaika-Bündnis im Bund versuchen, das Vorhaben zu stoppen.

Der Ausbau war im Sommer überraschend in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen worden. Danach soll die 62 Kilometer lange Bundeswasserstraße zwischen Lauenburg an der Elbe und Lübeck für Schiffe bis 110 Meter Länge, 11,40 Meter Breite und 2,80 Meter Tiefgang ausgebaut werden, sechs Schleusen müssen vergrößert sowie Bahn- und Straßenbrücken angehoben werden. Kostenpunkt: 838 Millionen Euro.

Dabei geht das Bundesverkehrsministerium lediglich von einem Transport von 600.000 Tonnen im Jahr 2030 aus, wie es jetzt auf eine Anfrage von Notz erklärte. Die von einem Gutachter im Auftrag der Indus­trie- und Handelskammer (IHK) Lübeck vorhergesagte Erhöhung auf sechs Millionen Tonnen beschreibe „Potenziale, denen weder konkrete Verkehrsbeziehungen noch Transportkosten oder Transportalternativen zugrunde liegen“. Derzeit werde der Kanal hauptsächlich touristisch genutzt, so die Bundesregierung: Von 5.000 Fahrzeugen jährlich seien bis zu 4.000 Sportboote.

Von Notz hält die Planung für nicht stichhaltig: „Der Bundesverkehrswegeplan habe nur wenig mit seriöser Politik zu tun, die sich an verkehrlichen Kennzahlen orientiert.“

Die IHK Lübeck und der Unternehmensverband Logistik hoffen hingegen „dringend“ auf den Ausbau des Kanals: „Er kann die chronisch überlastete A1 entlasten“, sagte Verbandsgeschäftsführer Thomas Rackow.

Es gebe keinen Bedarf, beharrt von Notz hingegen. Der Containertransport zwischen Hamburg und Lübeck stagniere und liefe hauptsächlich über Züge. Und der Freizeitwert des ausgebauten Kanals sei zweifelhaft. Laut Bundesregierung „liegt eine Bewertung des volkswirtschaftlichen Nutzens durch touristische Effekte nicht vor“.