das portrait
: Der österreichische Ex-Grüne Peter Pilzsoll Frauen belästigt haben und wirft hin

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Die „Liste Pilz“ wird diese Woche ohne ihren Namensgeber in den österreichischen Nationalrat einziehen. Ihr Anführer Peter Pilz, Mitbegründer der österreichischen Grünen und bekannter Aufdecker von Skandalen, ist nun selbst in einen verwickelt und nimmt sein frisch errungenes Mandat nicht an. Das gab der 63-Jährige am Samstag in Wien bekannt, nachdem – bislang – zwei Frauen Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen ihn öffentlich machten.

An einen der beiden Vorfälle, der vor vier Jahren am Rande des Forums Alpbach in Tirol stattgefunden haben soll, kann sich Pilz nicht mehr erinnern; den anderen streitet er als „erfunden“ ab. Aber offenbar nimmt er die Vorwürfe so ernst, dass er die Konsequenzen zieht. „Ich habe in der Politik und im Parlament immer klare Maßstäbe gesetzt und diese gelten selbstverständlich auch für mich“, erklärte Pilz. Sein Karriereende folgt damit wenige Wochen nachdem er mit einer Liste illustrer Einzelkämpfer den Einzug in den Nationalrat geschafft und gleichzeitig seine ehemalige Partei, die Grünen, mit den abgezogenen Stimmen aus selbigem befördert hatte.

Der im steirischen Kapfenberg geborene Volkswirt galt schon als bunter Hund, als er Mitte der 1980er Jahre an der Gründung der Grünen beteiligt war. Auf der Uni war er in der längst verschwundenen trotzkistischen Gruppe Revolutionärer Marxisten (GRM) aktiv. Sein ökologischer Geist wurde 1984 in der Hainburger Au bei Wien geweckt, wo eine breite Umweltbewegung gegen die Abholzung des Biotops mobil machte. Nach Monaten zivilen Ungehorsams gegen Motorsägen und Polizeitrupps siegten die Umweltschützer. Die Au ist heute ein Nationalpark und Pilz zog 1986 mit den Grünen erstmals in den Nationalrat ein. Die von den Ökos kultivierte politische Korrektheit war seine Sache nie, parteiintern eckte er immer wieder an. Doch er machte sich bald unentbehrlich. Peter Pilz holte seinen Wirtschaftsprofessor, den heutigen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen, in die Politik. Und der machte die Grünen erst salonfähig und führte sie über die zehn Prozent.

Pilz sah seine Aufgabe als Ankläger und Aufdecker in Korruptionsfällen. Mit einer nicht geringen Dosis an Selbstverliebtheit sorgte er dafür, dass illegale Waffenverkäufe an die Kriegsparteien Iran und Irak (Noricum-Skandal) eingestellt wurden. Zwei parlamentarische Untersuchungsausschüsse haben nicht zuletzt wegen seiner Hartnäckigkeit Korruption beim Kauf der teuren Eurofighter-Abfangjäger unter der Regierung von Wolfgang Schüssel (ÖVP) nachgewiesen. Zuletzt galt seine Energie dem Kampf gegen den politischen Islam und den Umtrieben des türkischen Geheimdienstes in Österreich. Mit diesem Thema konnte er sich bei den Grünen, die fürchteten, die Islamophobie zu schüren, nicht durchsetzen.

Auch das ein Grund für die Trennung nach dem Bundesparteitag im Juni, wo Pilz der von ihm verlangte vierte Listenplatz von der Basis verweigert wurde. Wenig später gründete er seine eigene Liste. Der Rest ist Geschichte. Ralf Leonhard