Kühne erpresst den HSV

Investor Klaus-Michael Kühne hat gedroht, die Unterstützung des HSV einzustellen, wenn der Aufsichtsrat nicht nach seinen Wünschen besetzt wird. Gibt HSV-Präsident Meier dem nach, droht Ärger mit der DFL

Von Daniel Jovanov

Regenschirme sind dieser Tage gefragt. Besonders beim Hamburger Sport-Verein. Zum einen, um sich von dem Sturm samt Hagelschauer zu schützen; zum anderen vor dem Gewitter, das Klaus-Michael Kühne ausgelöst hat. In letzter Zeit kommt das häufiger vor. Eine Opposition innerhalb des Klubs hat es nämlich gewagt, gegen den Investor aufzumucken.

Auslöser des Streits sind die anstehenden Wahlen zum neuen Aufsichtsrat. Am 18. Dezember bestimmen die Aktionäre der „HSV Fußball AG“ in der sogenannten Hauptversammlung über die Besetzung des Kontrollgremiums. Da die Breitensportler des HSV e.V. noch immer mehr als drei Viertel der Anteile halten, haben die übrigen Aktionäre praktisch kein Mitspracherecht. Vor allem Kühne, der größte Geldgeber des Klubs, dem inzwischen über 20 Prozent der Anteile gehören, stört sich an diesem Prozedere.

Hintergrund sind die Pläne des Vereinspräsidenten Jens Meier. Qua Satzung ist er damit beauftragt, eine Liste mit möglichen Kandidaten einzureichen. Kühnes rechte Hand Karl Ger­nandt sowie dessen Verbündete Felix Goedhart und Dieter Becken sollen dem neuen Rat nicht mehr angehören. Für den Milliardär würde dieser Schritt eine Begrenzung seiner Macht bedeuten. Ohne Vertreter seiner Interessen hätte er beispielsweise keine direkte Möglichkeit, über neues Personal auf Vorstandsebene mitzubestimmen. Kühnes Verhältnis zum aktuellen AG-Vorstandschef Heribert Bruchhagen gilt ohnehin als kühl und distanziert.

Anfang vergangener Woche hat Kühne deutlich gemacht, was er von Meiers Vorhaben hält: überhaupt nichts. Unmissverständlich fordert er, dass „der voraussichtliche Wahlvorschlag des Vereinspräsidenten nicht zum Zuge kommt“. Stattdessen will er einen „unabhängigen“ Aufsichtsrat. Andernfalls, so Kühne deutlich, ist es vorbei mit der finanziellen Unterstützung. Nur stellt sich die Frage, wie unabhängig und neutral ein von ihm befürworteter Aufsichtsrat überhaupt sein kann.

Irrelevant, weil es bei dieser Debatte nicht um Logik und Rationalität geht. Sondern um die Macht des Kapitals, von dem der HSV so abhängig geworden ist. Meier steckt deshalb in einer Zwickmühle. Erfüllen sie Kühnes Bedingungen, verlieren sie innerhalb des Klubs nicht nur ihr Gesicht – es droht auch Ärger mit der Deutschen Fußball-Liga (DFL) wegen der Verletzung der 50+1-Regel. Bereits im Sommer gab es Ermittlungen wegen des Verdachts, Kühne habe sich aktiv in die Transferpolitik eingemischt.

Inzwischen ist der Machtkampf beim HSV sogar ein Thema für die Politik geworden. Meier, beruflich Chef der Hamburger Hafenverwaltung, ist von Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) ermahnt worden, seine ganze Kraft und Konzentration in die Herausforderungen des Hafens zu legen.

Es ist nun jede Menge Diplomatie gefragt, um die Wogen wieder zu glätten. Problematisch dabei ist, dass Kühne die Sprache der Diplomatie nur dann versteht, wenn am Ende geschieht, was er will. Sonst zieht über dem Volkspark das nächste Gewitter auf.