die dritte meinung
: Europäische Linke: Endlich wird mehr auf Gemeinsamkeiten statt nur auf Unterschiede geschaut

Jonathan Krämer

ist Wirtschafts- und Europa­jurist in Wien. Er beobachtet als Aktivist Bewegungen wie DiEM25 und Pulse of Europe.

An diesem Wochenende fand das Marseille European Forum in der windigen Hafenstadt im Süden Frankreichs statt. Veranstaltet unter der Schirmherrschaft der Europäischen Linkspartei und unter dem Vorbild des lateinamerikanischen Äquivalents, dem Foro de São Paulo, wurden „progressive Kräfte“ in Europa vereint: Sowohl nationale politische Parteien wie Syriza, KPÖ, Podemos, PCF und Die.Linke, als auch zivilgesellschaftliche Bewegungen wie etwa Attac, DiEM25 und Jugendverbände – aber auch Stiftungen, Gewerkschaften und Vereine gaben sich die Ehre.

Sehr schnell konnte man das Gefühl bekommen, dass breite Einigkeit unter den Anwesenden herrscht. Es muss eine soziale Alternative zur bestehenden EU-Konstruktion entstehen, der breit spürbare Rechtsruck muss aufgehalten werden, Klimaschutz muss stärker in den politischen Fokus gerückt werden, Frieden und Menschenrechte statt Waffenexporten, Austeritätspolitik mit allen unmenschlichen Auswirkungen auf die EuropäerInnen eingedämmt werden. Spätestens bei dem Vernetzungstreffen der verschiedenen europäischen Jugendbewegungen und Parteijugenden zeigte sich aber schnell dass dieses Europäische Forum noch viel Arbeit vor sich hat. Die alteingesessenen nationalen Parteien und Bewegungen müssen oft erst noch verstehen, dass Fortschritt in den oben genannten Vorhaben nur in europäischer Kooperation realisierbar ist.

Nichtsdestotrotz wurde mit diesem ersten Treffen dieses Forums ein bemerkenswerter und längst überfälliger Grundstein gelegt: Endlich wird mehr auf Gemeinsamkeiten statt nur auf ­Unterschiede geschaut – insbesondere im Hinblick auf die Europawahlen 2019!

Jetzt gilt es, sich bis zum nächsten Forum 2018 auf fixe Organisationsstrukturen zu einigen, wobei die intensive Einbeziehung der Zivilgesellschaft in Form von Graswurzelbewegungen nicht zu kurz kommen darf, um alsbald konkrete Antworten auf die massiven Probleme in Europa zu formulieren – denn den reinen Austausch gab es vorher auch schon.