Zwei Faustschläge, ein Verfahren

Am Amtsgericht Oldenburg musste sich ein Antifaschist wegen eines Übergriffs auf Armin Paul Hampel verantworten. Obwohl der AfD-Landesvorsitzende selbst zuschlug, gab es gegen ihn kein Verfahren

Von Andreas Speit

250 Euro muss er zahlen. Das sei „okay“, sagte der Angeklagte, der seinen Namen nicht preisgeben möchte. Die Geldauflage hatte das Amtsgericht Oldenburg am Dienstag verhängt und im Gegenzug das Verfahren wegen Körperverletzung gegen den 34-jährigen Oldenburger eingestellt. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, den AfD-Landesvorsitzenden Armin Paul Hampel geschlagen zu haben.

Den Faustschlag stritt der Angeklagte nicht ab. Vor Gericht erklärte der Beschuldigte nicht nur, das die AfD für ihn eine menschenverachtende Partei sei, er schilderte auch den Tatverlauf. Nicht ohne zu betonen, dass er sich wundere, warum gegen Hampel nicht auch ein Verfahren wegen Körperverletzung eingeleitet wurde. Der 34-Jährige hatte den jetzigen Bundestagsabgeordneten angezeigt, da dieser selbst zugeschlagen habe.

Über ein Jahr ist die Auseinandersetzung bereits her. Kurz vor der Kommunalwahl richtete die AfD in Oldenburg am 16. September 2016 eine Wahlkampfveranstaltung aus. Rund 50 Anhänger waren auf den Julius-Mosen-Platz gekommen, um Hampel reden zu hören. Der lautstarke Protest von rund 100 Gegendemonstranten begleitete die Rede.

Nach dem Auftritt verließ Hampel den Platz und auch die Absperrung. Um 16.20 Uhr ging er Richtung Ofener Straße. Mehrer Personen sollen auf ihn zugegangen sein, ein Wortgefecht entbrannte. „Ich habe vor seine Füße gespuckt“, sagte der Angeklagte aus. Hampels Rede mit all seiner Verachtung gegen Menschen, die nicht ins AfD-Weltbild passten, hätten ihn aufgebracht, sagte er der taz.

Vor Gericht machte er aber auch deutlich, dass er nicht gegenüber dem Menschen Hampel, sondern gegenüber dessen Funktion seine Verachtung ausdrücken wollte. Hampel hätte ihn dann geschubst. „Ich wollte ausweichen, wich zurück. Doch es war zu eng“, sagt der 34-Jährige. Plötzlich hätte Hampel ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Reflexartig hätte er zurückgeschlagen, räumte er ein. Vor Gericht schauten die Prozessbeteiligten ein Video mit der Auseinandersetzung an. Auch Hampels Übergriff ist dort dokumentiert. Doch das Verfahren gegen den AfD-Abgeordneten wurde eingestellt.

Die Anwältin des Angeklagten, Mareike Kaempf, kritisiert: „Es gab die Überlegung, beide Verfahren einzustellen. Hier ist das Verfahren gegen den Rechten eingestellt worden, gegen den Linksdemokraten wurde es eröffnet. Das ist unglücklich – aber leider nicht unüblich.“ Die verhängte Geldauflage von 250 Euro darf der Angeklagte an eine von ihm ausgewählte gemeinnützige Einrichtung spenden. Er will das Geld der „Mission Lifeline e. V.“ zukommen lassen, einer Organisation, die Geflüchtete im Meer rettet. „Das wäre die richtige politische Antwort auf die AfD“, sagt der Oldenburger mit ein bisschen Genugtuung.