Esther Slevogt
betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
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Offshore, das bezeichnet in der Regel Gegenden im Meer, die jenseits staatlicher Hoheitsgewässer liegen. Dort können Rohstoffe ausgebeutet oder Fische gefangen werden. Und auch Theater gemacht, außerhalb nationaler Einhegung sozusagen. „Offshore“ also heißt ein Theaterfestival, das vom 15. bis 26. November im Theaterdiscounter Theater aus der Schweiz präsentiert. Es werden Arbeiten der Dramatikerin Laura de Weck (­„direkt demokratisch, love“) oder Dennis Wintschs „irrsinniger Trip in die Erlösung: Orbit & Orbit“ zu sehen sein. Die Dichterin Nora Gomringer wird erwartet, der Schweizer Literaturpreisträger Jens Nielsen performt zur schweizerischen Schweiz. Die junge Regisseurin Virginie Despentes zeigt ihre „King Kong Théorie“. Die Eröffnung des Festivals in deutscher und französischer Sprache bestreitet der Abend „Itamar“ von Holes & Hills nach einem Text von Géraldine Chollet. Es geht um ein Fabelwesen zwischen Hollywooddiva, Milchkuh und Heiliger, wie uns die Ankündigung wissen lässt, und wir werden damit durch diverseste Schweizer Konzepte von Identitäten zwischen Volkskultur und Avantgarde geschleudert – und das auch noch in französischer Sprache (Theaterdiscounter: „Offshore. Werkschau Schweiz“, 15.–26. 11. Alle Infos: www.theaterdiscounter.de)

Von sich auflösenden Gewissheiten in Sachen Identität aber auch darstellender Kunst handelt auch der Abend „Wow“ von Nuray Demir und Tümay Kılınçel. Das jedenfalls verspricht die Vorankündigung des HAU 3, wo der getanzte Abend ab 17. 11. zu sehen ist. Das Duo Demir und Kılınçel hat bereits mit unterschiedlichen Arbeiten zu feministischen und postkolonialen Themen von sich reden gemacht, die stets Hybridformen zwischen darstellender und bildender Kunst sind (HAU 3: „Wow“, 17.–20. 11. wechselnde Anfangszeiten. Alle Infos: www.hebbel-am-ufer.de).

Von Auflösung beziehungsweise „Versetzung“ erzählt auch das gleichnamige Stück des Schriftstellers Thomas Melle, dessen Hauptfigur ein Mann ist, der an einer bipolaren Störung erkrankt ist. Das ist eine psychische Krankheit, die dazu führt, dass die Betroffenen zwischen den Polen Manie und Depression hin- und hergerissen werden und die Kontrolle über ihr Leben verlieren können. Melles Stück entstand auf der Basis seines Romans über eine eigene Erkrankung, die für ihn auch Fragen nach Norm und Antinorm sowie dem Selbstoptimierungsdruck unserer Gesellschaft aufgeworfen hat. Die Uraufführung inszeniert Brit Bartkowiak im Deutschen Theater (Deutsches Theater: „Versetzung“, Premiere 17. 11., 20 Uhr, www.deutschestheater.de).