Umstrittene Körperkameras

Der niedersächsische Innenminister bestellt 500 Bodycams. Landesdatenschutzbeauftragte hält das für rechtswidrig

Von Andrea Scharpen

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat eine Großbestellung aufgegeben. Seine Polizei soll 500 neue Bodycams, also kleine Kameras, die an der Uniform befestigt werden, bekommen. Dafür wird Pistorius von der Landesdatenschutzbeauftragten Barbara Thiel kritisiert. „Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt mit dem Einsatz von Bodycams einverstanden erklärt“, schreibt sie in einer Pressemitteilung. „Der Kameraeinsatz ist und bleibt rechtswidrig, so wie in meinem Beanstandungsschreiben vom Februar 2017 ausführlich dargelegt.“

Damals ging es um den Pilotversuch, in dem 20 Bodycams in Niedersachsen eingesetzt wurden. Dafür sei aber eine ausdrückliche Befugnisnorm notwendig, also eine Änderung im Gesetz, die es den Polizisten erlaubt, in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung einzugreifen.

Denn der Einsatz von Körperkameras stelle einen besonders schwerwiegenden Grundrechtsverstoß dar. „Die am Körper auf Schulterhöhe getragene Kamera filmt direkt in das Gesicht der Betroffenen“, heißt es aus der Datenschutzbehörde.

Das Innenministerium bewertet die rechtliche Grundlage jedoch anders. Im niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (NSOG) steht, dass die Polizei „zur Eigensicherung bei Anhalte- und Kontrollsituationen“ Bildaufzeichnungen offen anfertigen darf – auch „wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden“. Zu Tonaufnahmen gibt es bisher keine Regelung. Diese sollten durch eine Änderung im Polizeigesetz erlaubt werden, die wegen der Neuwahlen jedoch auf Eis liegt.

Laut dem Politikjournal Rundblick sollen die bestellten Bodycams dennoch sofort eingesetzt werden. Ihr stummer Einsatz sei durch das NSOG gedeckt. Das sei vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtags bestätigt, sagt Pistorius.

Die Datenschutzbeauftragte sieht das anders: „Erst wenn die Neuregelung in Kraft getreten ist, dürfen die Bodycams eingesetzt werden.“ Polizeipräsident Uwe Binias ist für den Einsatz der Kameras. Der habe in „schwierigen Einsatzsituationen zur Deeskalation beigetragen“. Nun sollen die Bodycams „brennpunkt­orientiert“ eingesetzt werden.