Syrien-Verhandlungen in Genf: Das Konstrukt ist wohl gescheitert

Eigentlich sollte in Genf wieder über Syriens Zukunft verhandelt werden. Doch die Verhandlungsdelegation von Assad kommt erst einmal nicht.

Ein Mann steht zwischen Trümmern

Mesraba, Ostdamaskus, nach einem Luftangriff am Sonntag Foto: reuters

GENF taz | In Genf sollte an diesem Dienstag die von UNO-Vermittler Staffan de Mistura ursprünglich bereits für September und dann erneut für Oktober angekündigte 8. Runde der Syrienverhandlungen beginnen. Doch daraus wird zunächst nichts. Denn wie die syrische Regierungszeitung Al-Watan am Montag berichtete, hat die Verhandlungsdelegation von Präsident Bashar al-Assad ihre Anreise nach Genf verschoben – vorgeblich aus Ärger über die Opposition.

Die hatte während ihres letztwöchigen Vorbereitungstreffens in der saudischen Hauptstadt Riad zur großen Zufriedenheit von UNO-Vermittler de Mistura zwar erklärt, sie werde „ohne Vorbedingungen an dieser 8. Verhandlungsrunde teilnehmen“. Gleichzeitig aber bekräftigte die Opposition jedoch ihre bereits seit der ersten Verhandlungsrunde im Januar 2016 erhobene Forderung, der syrische Präsident Bashar Assad müsse zurücktreten, bevor ein politischer Übergangsprozess beginnen könne. Für die syrische Regierung komme diese Haltung einem „Zurück auf Start“ gleich, berichtete Al-Watan.

Damit ist das Konstrukt aus interpretationsfähigen bis widersprüchlichen Signalen an die verschiedenen am Syrienkonflikt beteiligten Akteure, mit denen UNO-Vermittler de Mistura den bislang völlig erfolglosen Genfer Verhandlungsprozess am Leben erhalten wollte, wahrscheinlich gescheitert.

Offizielle Verhandlungsgrundlage sei weiterhin der vom UNO-Sicherheitsrat in seiner Resolution 2254 vom Dezember 2015 abgesegnete Fahrplan mit den vier Etappen Waffenstillstand, Einsetzung einer Übergangsregierung aus Vertretern der Regierung und der Opposition, Erarbeitung einer neuen Verfassung sowie Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, betonte de Mistura in den letzten Wochen immer wieder. Dieses Signal war wichtig, um die Verhandlungsteilnahme der Opposition zu sichern, für die dieser Fahrplan in dieser chronologischen Abfolge immer ein Essential war, verbunden mit der Forderung, dass Assad einer künftigen Übergangsregierung nicht angehören dürfe.

Die militärischen Erfolge Assads

Doch die syrische Regierungsdelegation ließ sich schon bisher zu keinem dieser vier Punkte auf ernsthafte Verhandlungen ein. Nachdem die Regierungstruppen dank militärischer Unterstützung Russlands und Irans inzwischen fast sämtliche einst von Rebellengruppen gehaltenen Gebiete des Landes zurückerobert haben und auch der „Islamische Staat“ aus fast allen seit 2014 von ihm kontrollierten Gebieten vertrieben wurde, steht Präsident Assad noch weniger als zuvor unter Druck, sich auf Verhandlungen über eine Teilung der Macht in einer Übergangsregierung oder gar seinen vollständigen Machtverzicht einzulassen.

Die Opposition besteht auf Assads Abgang. Dafür gibt es keine Unterstützung mehr

Um die syrische Regierung überhaupt noch zur Teilnahme zu bewegen, signalisierte de Mistura den Führungen in Damaskus, Moskau und Teheran, bei dieser Runde werde „vorrangig“ über eine neue Verfassung für Syrien und künftige Wahlen verhandelt werden. Vergangene Woche erklärte Russlands Präsident Wladimir Putin nach seinem Treffen mit Assad in Sotschi und dem anschließenden Dreiergipfel mit seinen Amtskollegen aus Iran und der Türkei, dass Assad nun „zu Kompromissen bereit“ sei und „der Ausarbeitung einer neuen Verfassung und der Durchführung von Wahlen zugestimmt“ habe. Die in der auch von Russland mitgetragenen Sicherheitsratsresolution 2254 vorgesehene Bildung einer Übergangsregierung erwähnte Putin nicht. Auch die USA und die anderen drei Vetomächte des Sicherheitsrates Frankreich, Großbritannien und China beharren zumindest öffentlich nicht mehr darauf.

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