Kampf um Bayern

Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft bringt die CSU eine Neuauflage ihres beliebten Gesellschaftsspiels heraus

Wollen an die Macht in Bayern: Markus Söder, Joachim Herrmann, Ilse Aigner, Manfred Weber, Alexander Dobrindt und Horst Seehofer (von l. n. r.) Foto: Montage Claudia Benders, Fotos: picture alliance, dpa , reuters

Von Dominik Baur

Spiel des Jahres

Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft hat die CSU Merchandising GmbH den Spieleklassiker „Kampf um Bayern“ neu aufgelegt. Wer noch die fast zehn Jahre alte Vorgängerversion gewohnt ist, wird staunen. Nachdem die damalige Auflage von Kritikern verrissen wurde („viel zu wenig Biss“, „Kindergeburtstag“), haben sich die Erfinder diesmal mächtig ins Zeug gelegt.

Der Grundgedanke des Spiels ist noch derselbe: Mit seiner Figur muss man an die Spitze des Freistaats oder der Regierungspartei gelangen, im besten Fall beides. Dafür müssen die Teilnehmer Strippen ziehen, Truppen hinter sich scharen, Pöstchen vergeben, In­tri­gen spinnen, Affären vermeiden und und und … Die Spielfiguren wurden gegenüber der Vorgängerversion fast alle ausgetauscht. In verschiedenen Umgebungen wie Fraktion, Landesgruppe oder auf dem Parteitag müssen sie sich gegeneinander Vorteile erspielen.

„Kampf um Bayern“ ist für Erwachsene von 45 bis 68 Jahren geeignet. Spieldauer: teils Jahre. Oft wird nur zu zweit gespielt, im Prinzip sind aber beliebig viele Mitspieler möglich. Um Sie fit für das Spiel zu machen, stellen wir Ihnen die wichtigsten Figuren und Schauplätze vor.

Die Figuren

Horst Seehofer

Über ihn gibt es eigentlich nicht viel zu sagen, er war auch in der Vorgängerversion vor zehn Jahren schon eine der wichtigsten Figuren. Personifiziert das alte Adenauer-Motto „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“ in Perfektion. So schafft er es regelmäßig, durch überraschende Volten seine Gegner auszutricksen. Aber mit 68 Jahren ist er der Älteste im Rudel der bayerischen Löwen. Somit ist es nur eine Frage der Zeit, dass das Alphatier gestürzt wird. Hier bietet die –▶ Fraktion gern ihre Hilfe an. In akuter Gefahr ist daher sein ­Posten als Ministerpräsident.

Markus Söder

Finanzminister, Heimatminister, Nürnberger, Erzfeind von –▶ Horst Seehofer. Hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er bayerischer Ministerpräsident werden will – seinen Hut aber auch nie offiziell in den Ring geworfen. Gut vernetzt in der –▶ Fraktion, auf deren Abgeordnete er sich zu einem großen Teil verlassen kann. Zu seinen wichtigsten Gefolgsleuten gehören sein Staatssekretär Albert Füracker, ein Oberpfälzer, Kultusminister Ludwig Spaenle und dessen Staatssekretär Georg Eisenreich, beide Münchner. Söder war schon als Jugendlicher glühender Strauß-Fan, bezeichnet sich jedoch auch als überzeugter Stoiberianer. Denn Söder hat seine Karriere zu einem gut Teil dem ehemaligen Ministerpräsidenten und Parteichef Edmund Stoiber zu verdanken. Dieser machte ihn 2003 zum Generalsekretär.

Joachim Herrmann

Er ist –▶Seehofers Joker, schon bei der Bundestagswahl, als glückloser Spitzenkandidat. Und Spitzenkandidat soll er – wenn es nach Seehofers Willen geht – auch bei der Landtagswahl 2018 wieder werden. Herrmann war vor vielen Jahren auch mal Chef der –▶ Fraktion, ist dort mittlerweile jedoch weniger vernetzt als –▶ Söder. Seinem Noch-Chef Seehofer ist er treu ergeben. Sein Bezirksverband Mittelfranken wiederum steht fest hinter ihm. Auch auf die Unterstützung –▶ Aigners könnte Herrmann dem Vernehmen nach wohl zählen, solange es um das Ziel geht, Söders Machtübernahme zu verhindern.

Ilse Aigner

Stellvertretende Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin, von –▶ Horst Seehofer einst aus dem Bundeskabinett nach Bayern zurückgeholt, um sie als Kronprinzessin aufzubauen. Hat nicht so ganz geklappt. So wurde Aigner auch jüngst wieder von –▶ Söders Adlaten massiv angegriffen, als sie eine Urwahl des Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2018 ins Spiel brachte und die Bereitschaft durchscheinen ließ, selbst zu kandidieren. So ganz an ihr vorbei kommt man in der CSU aber auch nicht. Schließlich ist die Oberbayerin Chefin des wichtigsten –▶Bezirksverbands.

Alexander Dobrindt

Er ist bereits als „Mautminister“ in die parteieigenen Geschichtsbücher eingegangen. Steht er doch als Sinnbild dafür, dass es der Partei in den wirklich wichtigen Fragen gelingt, alle, aber auch wirklich alle ihre Forderungen durchzusetzen. Inzwischen ist er Vorsitzender der –▶ Landesgruppe. Der Bundestagsabgeordnete aus dem ehemaligen Wahlkreis von Franz Josef Strauß trägt gern karierte Anzüge und spricht leise. Inhaltlich neigt er dennoch zur Polterei. Ist ja auch gelernter Generalsekretär. Wie –▶ Aigner ­Oberbayer und –▶ Seehofer-­Zögling; wird daher gern für Personalkonstellationen ins Spiel gebracht, bei denen einem starken Franken (–▶ Söder) des Proporzes wegen ein starker Oberbayer als Parteichef beigestellt werden soll.

Manfred Weber

ist einer von –▶ Seehofers fünf Stellvertretern als Parteichef. Er ist jung, smart und kann im Bierzelt ebenso überzeugen wie im persönlichen Gespräch. Der ehemalige Ministrant aus Niederbayern ist so eine Art Guttenberg, bloß mit Inhalten. Bei der letzten Vorstandswahl auf dem –▶ Parteitag 2015 erhielt er unter den Stellvertretern mit 90,8 Prozent das beste Ergebnis. Den Anti-Söder nennen ihn manche schon. Sein Problem: Er hat sich schon lange auf die Europapolitik kapriziert. Seit 2004 ist er im Europaparlament, inzwischen führt er dort die EVP-Fraktion. Nachdem er sich bislang eher zurückhielt, werden ihm neuerdings klare Ambitionen auf die Nachfolge Horst Seehofers als Parteichef nachgesagt – sehr zum Verdruss von –▶ Dobrindt.

Die Schauplätze

Die Fraktion

Als Herzkammer der Partei bezeichnen sich die derzeit 101 Abgeordneten der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag gern. Dabei sieht mittlerweile selbst der konservative Münchner Merkur nur noch eine Lachnummer in ihnen, nachdem –▶ Horst Seehofer ihre Putschpläne jüngst durchkreuzte. Die Truppe rund um Fraktionschef Thomas Kreuzer, einen biederen Kettenraucher aus dem Allgäu, gilt als überaus –▶ Söder-freundlich. Und die Abgeordneten sind es letztendlich, die den Ministerpräsidenten wählen.

Die Bezirksverbände

Bayer ist nicht gleich Bayer. Da gibt es die Altbayern, unter denen es wieder so unterschiedliche Wesen wie Oberbayern, Niederbayern und Oberpfälzer gibt, dann die Franken, die man oben, unten und in der Mitte findet, von den Großstädtern gar nicht zu reden. Diesem Vielvölkerstaat will auch die CSU mit ihren zehn Bezirksverbänden Rechnung tragen. Diese spielen oft eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, den Proporz zu wahren, oder als Bastion für ihre Vorsitzenden. Als mächtigster Bezirksverband gilt Oberbayern, dessen Chefin –▶ Aigner ist. Wie auch die Niederbayern unter ihrem Vorsitzenden Andreas Scheuer dürften die Oberbayern ihrem „Landsmann“ –▶ Seehofer den Rücken stärken. Als –▶ Söder-affin gelten neben seinem eigenen Bezirksverband Nürnberg auch München, Oberfranken und die Oberpfalz.

Der Vorstand

Er besteht aus dem Parteivorsitzenden, seinen Stellvertretern und Generalsekretären sowie 36 weiteren gewählten Mitgliedern. Dazu kommen einige Mitglieder, die qua Amt vertreten sind. Trotz einiger personeller Überschneidungen sind die Sympathien für –▶ Seehofer hier deutlich stärker ausgeprägt als in der –▶ Fraktion.

Der Parteitag

In der Regel tritt der Parteitag jeden November zusammen. Dieses Mal wurde er wegen der Jamaika-Gespräche jedoch verschoben; nun treffen sich die Delegierten in zwei Wochen in Nürnberg. Auf dem Parteitag kommen nicht nur Funktionäre zusammen, sondern hier redet tatsächlich auch die Basis mit – etwa wenn es um die Wahl von Parteichef und Spitzenkandidat geht. Überraschungen sind daher nicht ausgeschlossen. Manchmal gibt es auch Gäste von auswärts – Angela Merkel etwa. Manchmal aber auch nicht.

Die Landesgruppe

Das sind die CSU-Abgeordneten im Bundestag. Ihr Wirkungsort ist wichtig, aber auch weit, weit weg. Den Kollegen im Münchner Maximilianeum gelten sie daher als abgehoben und viel zu kompromissbereit. Schließlich sind die Bayern in Berlin, sofern sie in der Re­gierung sitzen, stets auf Ko­alitionspartner angewiesen. Die Abgeordneten daheim könnten dafür öfter mal ihre Provinzbrille absetzen, finden die Mitglieder der Landesgruppe.