petition der woche
: Bremen ist ein Dorf mit Straßenbahn, aber ohne Tropenarzt

Anlass der Petition: Die Frau des Petenten ist krank.

Das wollen die Initiatoren: Einen Tropenarzt für Bremen

Das wollen sie wirklich: Nicht weit fahren müssen

Dass eine Reise in ein fernes Land, das noch hinter der Toskana, der Algarve oder Mallorca liegt, mit einigen Risiken verbunden sein kann, ist Reisenden in der Regel klar, bevor sie ihre Koffer packen. Richtig unangenehm wird es erst, wenn der exotische Urlaub unverhoffte Andenken mit sich bringt – lästige Viren, Schlappheit, rote Flecken, Juckreiz. Noch schlimmer, wenn nach einer Diagnose keine Hilfe möglich zu sein scheint.

So erging es auch dem 58 Jahre alten Bremer Stefan Semke und seiner Frau im November 2016 nach einer Reise durch das tropische Panama. Wenige Wochen nach ihrer Rückkehr beklagte Semkes Frau seltsame Borken – geronnene Wundflüssigkeit – auf dem Fuß. Ein Arzt aus Bremen untersuchte sie und hatte eine Diagnose, aber helfen konnte er nicht. Denn für die Behandlung der Leishmaniose, hervorgerufen durch einen Parasiten, der durch Sandmücken übertragen wird, benötigt es einen Tropenmediziner.

Und den gibt es in Bremen nicht. Also mussten Spezialisten am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg die Behandlung übernehmen. Und nach einem plötzlichen Rückfall der Patientin vor einem Monat wurde eine Behandlung im größten Bremer Krankenhaus abgelehnt – und die Semkes mussten wieder nach Hamburg reisen; alles in allem werden die Semkes für den Besuch beim Tropenmediziner 500 Kilometer unterwegs sein.

Ein Zustand, der Bremen und den Menschen dort nicht zuzumuten ist, findet Stefan Semke: „Ich weiß, dass Bremen ein Dorf mit Straßenbahn ist, aber es kann nicht sein, dass alle Norddeutschen im Krankheitsfall nach Hamburg fahren müssen.“

In einer Petition fordert er nun die Eröffnung einer tropenmedizinischen Abteilung in einem der dortigen Krankenhäuser oder die Förderung der Neueröffnung einer Tropenarztpraxis.

Um seiner Petition, die bislang 66 Personen – davon 44 in Bremen – unterzeichnet haben, Dringlichkeit zu verleihen, verweist Semke auf ein Problem: „Heute beginnen die Tropen, medizinisch gesehen, bereits auf Mallorca!“ Wegen des Klimawandels – und jene Sandmücken, die Leishmaniose übertragen, treten tatsächlich verstärkt im Mittelmeerraum und sogar in Deutschland auf. Die Semkes hätten also gar nicht so weit fahren müssen, um sich diese Erkrankung einzuhandeln; da entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass sie sich nun darüber beklagen, für deren Behandlung von Bremen nach Hamburg fahren zu müssen.

Davon abgesehen ist die tropenmedizinische Versorgung in Deutschland nicht gerade schlecht; die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit listet 22 Institutionen auf, an denen man sich vor oder nach einer Reise beraten, impfen und behandeln lassen kann.

Und zu erwarten, dass um die Ecke ein Facharzt sitzt, der sich mit Leishmaniose, Malaria oder gar dem O’nyong-nyong-Fieber auskennt, erscheint vermessen. Zumal die Facharztausbildung aufwendig ist und in der Regel eine zwölfmonatige Tätigkeit in einer medizinischen Einrichtung in den Tropen oder Subtropen erfordert.

Die Semkes hätten auch nicht nach Hamburg fahren müssen. In Tarmstedt, nordöstlich von Bremen, gibt es einen Tropenarzt – und der würde auch Patienten mit Post-Fernreise-Symptomen aus Bremen nicht abweisen. Aron Boks