Macron will gerne vermitteln

Bei einem Besuch Netanjahus in Paris hält Frankreich an der Zweistaatenlösung für Jerusalem fest

Frankreich hat angesichts seiner Rolle im Libanon auch Trümpfe in der Hand

Aus Paris Rudolf Balmer

Das Treffen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu in Paris war zwar seit Wochen geplant. Im Kontext der von US-Präsident Donald Trumps angekündigten Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels bekam der Besuch im Élysée-Palast aber eine unverhofft größere Aktualität.

Hauptthema der Diskussionen hätte ursprünglich der Iran und die politische Krise im Libanon sein sollen. Doch Trumps brüske Wende in der amerikanischen Nahostpolitik änderte die Agenda bei einem nun international beachteten Treffen.

In der Frage der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch Trump kann Netanjahu in Frankreich nicht auf Verständnis oder sogar Entgegenkommen rechnen. Im Vorfeld des Besuchs hatte zwar der Repräsentative Rat der Jüdischen Institutionen Frankreichs (CRIF), der Trumps Schritt als „historischen Entscheid“ begrüßt hatte, den französischen Staatschef ersucht, Frankreich „auf dieselbe mutige Richtung zu verpflichten“.

Macron hatte jedoch bei einem Besuch in der algerischen Hauptstadt Algier unzweideutig Trumps Ankündigung als „bedauerlich“ bezeichnet, da sie Völkerrecht und UNO-Resolutionen widersprechen. Auf Twitter hatte Macron das weiter ausgeführt: „Bezüglich Jerusalem unterstützt Frankreich die Entscheidung der Vereinigten Staaten nicht. Frankreich steht zur Zweistaatenlösung, dank der Israel und Palästina in Frieden und Sicherheit zusammenleben, und mit Jerusalem als Hauptstadt der beiden Staaten.“

Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian war noch deutlicher, indem er erklärte: „Wir missbilligen (Trumps Vorhaben) und wünschen inständig, dass trotz allem die Ruhe bewahrt werden kann.“ Le Drian fügte mit Sinn für seinen beschränkten Einfluss hinzu, Frankreich könne „nicht allein handeln“, um die Krise zu bewältigen. Macron hatte zuvor getönt, Frankreich sei bereit, „zusammen mit seinen Partnern alle zweckdienlichen Initiativen zu ergreifen“, die es erlaubten, „Gewalt zu vermeiden und den Dialog zu fördern“. Damit spielt die Pariser Staatsführung den Ball der Friedensbemühungen an die EU weiter.

Dennoch sähe es Macron nur zu gerne, wenn dank ihm Frankreich bei den Vermittlungen im Nahen Osten wieder eine Rolle spielen könnte. Seit Jahren ist dies nicht mehr der Fall, obwohl alle Vorgänger des jetzigen Staatschefs seit Jacques Chirac immer wieder versucht hatten, neben der außenpolitischen Dominanz der USA von den Konfliktparteien als Vermittler oder Ratgeber akzeptiert zu werden. Mit seinem einseitigen Vorgehen gibt Trump zweifellos Macron indirekt eine Chance, diese Ambition zu verwirklichen und in der historischen Einflusszone Frankreichs wieder wie eine Großmacht aufzutreten.

Macron übt daher eine gewisse Zurückhaltung. Dass er Netanjahu, den er schon im Juli zu einer Gedenkfeier eingeladen hatte, überhaupt im aktuellen Kontext empfangen hat, war umstritten. Auch am vergangenen Samstag protestierten in Paris und anderen französischen Städten jeweils Hunderte gegen die Ankunft Netanjahus.

Was er seinem Gast bezüglich der Jerusalem-Frage oder zu seinem Vermittlungsangebot genau gesagt hat, ist nicht bekannt. Für Macron muss jedoch die Zweistaatenlösung und damit die Anerkennung eines palästinensischen Staates durch Israel das erklärte Ziel von Vermittlungen bleiben. Gegenüber Netanjahu hat er mit dem unverändert starken französischen Einfluss im Libanon und der militärischen Beteiligung am Kampf gegen „Islamischen Staat“ im Irak und in Syrien aber selbst auch Trümpfe in der Hand.