Gefangene telefonieren gerecht

Telefonkosten dürfen im Gefängnis nicht höher sein, sie müssen den Marktpreisen entsprechen

Telefonkosten dürfen im Gefängnis nicht höher sein. Wenn eine Justizvollzugsanstalt nicht auf finanzierbare Telefonkosten achte, behindere sie die Resozialisierung der Insassen und verstoße damit gegen die Verfassung, teilte das Bundesverfassungsgericht gestern in Karlsruhe mit (Az.: 2 BvR 2221/16). Kostenlos müssen Telekommunikationsdienstleistungen für die Gefangenen jedoch nicht sein.

Geklagt hatte ein Strafgefangener aus der Vollzugsanstalt in Lübeck. Nach einem Tarifwechsel im Telefonsystem, das vom Land Schleswig-Holstein ohne Wahlmöglichkeit für die Insassen bestimmt wird, hatte er erheblich höhere Telefonkosten als zuvor. Als er sich beschwerte, verwies die Justizvollzugsanstalt darauf, dass der Vertrag mit einem privaten Anbieter 15 Jahre laufe und nicht zu ändern sei. Auch zwei Gerichte wiesen den Kläger ab.

Das Oberlandesgericht Schleswig muss den Fall jetzt neu verhandeln. Das Bundesverfassungsgericht gab dem Kläger Recht. Die Justizvollzugsanstalt könne nicht mit dem Hinweis auf die Telefongesellschaft die finanziellen Interessen von Strafgefangenen übergehen. Das verstoße gegen das Resozialisierungsgebot.

Es dürften auch keine Entgelte anfallen, deren Höhe nicht begründbar notwendig ist, weil das gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Strafe verstoße. Die Justizvollzugsanstalt müsse vielmehr sicherstellen, dass der private Betreiber marktgerechte Preise verlangt. Andernfalls müsse die Justiz selbst den Strafgefangenen eine Rechnung mit marktgerechten Preisen stellen und den Rest selbst übernehmen oder kostengünstigere Alternativen anbieten.

Nach einer erneuten Ausschreibung für die Justizvollzugsanstalten Kiel, Flensburg und Itzehoe würden dem Justizministerium in Kiel zufolge die Kosten nunmehr überwiegend unter den bisher gültigen Tarifen liegen. (epd)