Kommentar Tarifverhandlung bei Ryanair: Die überfällige Revolution

Ryanair-Piloten können ihren schlechten Jobbedingungen wohl bald ein Ende setzen. Mit politischer Unterstützung wäre das schneller gegangen.

Ein Flugzeug fliegt hinter einem Stoppschild

Jahrelang wurden Mitarbeiter ausgepresst wie Zitronen. Damit soll jetzt Schluss sein Foto: dpa

Welches innerbetriebliche Klima bei der irischen Billigfluglinie Ryanair herrscht, konnte ich im Herbst an ihrem Basisflughafen in London-Stansted erleben. Weil ich mich im Eincheckbereich mit meinem Koffer, den ich selbst aufzugeben hatte, zu weit nach vorn gewagt hatte, herrschte mich eine Bereichsaufseherin an, ob mir niemand gesagt habe, was ich zu tun habe. „Wieso?“, fragte ich. Sie antwortete mit bösem Blick: „Ich muss doch wissen, welcher Mitarbeiter seinen Job gut macht.“

Ryanair-Chef Michael O'Leary, ein angelsächsischer Rambo-Manager par excellence, hat in diesem Sinne seinen Job bislang gut gemacht – und die Beschäftigten ausgepresst wie Zitronen. Auf einem hart umkämpften Markt machte er damit Milliardengewinne, zur Freude der Aktionäre.

Diese Zeiten sind nun vorbei. Endlich. Denn die Piloten wehren sich jetzt gegen miese Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne. Ihre Androhung, auch während des Weihnachtsverkehrs zu streiken, hat dem Gewerkschaftshasser O'Leary den ersten Zahn gezogen. Er akzeptiert jetzt erstmalig Tarifverhandlungen.

Alles spricht dafür, dass die Piloten einen Tarifvertrag durchsetzen können – eine überfällige Revolution bei Ryanair. Zuvor waren Piloten zur Konkurrenz abgehauen, sodass O'Leary befürchten musste, bald niemanden mehr zu haben, den er im Cockpit ausbeuten kann. Dies und die gravierenden Schäden eines Weihnachtsstreiks haben ihn zum Einlenken gezwungen.

Erfreulich ist auch, dass davon ebenfalls das Kabinenpersonal profitiert. Deren Gewerkschaftsvertretern hatte die irische Billigfluglinie bis Dienstag Tarifverhandlungen verweigert. Den Flugbegleiterinnen und Flugbegleitern blieb damit nur, dem Beispiel der Piloten zu folgen: sich organisieren und mit wirksamen Streiks zu drohen. Schön wäre es, genössen sie – und andere wie Amazon-Beschäftigte – dabei auch politische Unterstützung. Statt zu jammern, könnte die SPD hier in einer neuen Regierung Akzente setzen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.