Ohne direkten Zugang

Wer genau die Künstler*in K.r.m. Mooney ist, erfährt der Besucher des Kunstvereins Braunschweig nicht. Genau so unergründlich bleibt die extrem minimalistische und assoziative Ausstellung. Das muss man mögen oder sich drauf einlassen

Hat bei Mooney einen besonderen Auftritt; Die kleine, schrammelige Küche in der Remise des Kunstvereins Brauschschweig Foto: KRM Monney/Kunstverein Braunschweig

Von Bettina Maria Brosowsky

Es ist unklar, wer oder was sich hinter dem Pseudonym K.r.m. Mooney verbirgt. Auch ein Besuch in der ersten europäischen Einzelausstellung des/der Künstler*in, derzeit in der Remise des Braunschweiger Kunstvereins zu sehen, bringt dazu keinerlei Erkenntnisse.

Schüttere biografische Angaben verweisen auf ein Geburtsdatum 1990 in Seattle in den USA und einen Bachelor of Fine Arts am California College of Arts in Schmuck und Metallkunst.

Im Informationsblatt des Kunstvereins wird in der dritten Person Plural vom K.r.m. Mooney gesprochen, im Netz findet sich der Hinweis auf ein Arbeitsstipendium im Jahr 2014 an einer Institution namens AIRspace in Oakland. Diese fördert etwa das experimentelle Theater, die multidisziplinäre Performance und den zeitgenössischen Tanz aufstrebender LGBTQ (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender and Queer) „artists“. Also Werke solcher, die im Mainstream am wenigsten vertreten sind: Künstlerinnen, Transgender-Künstler und solche „of color“.

Ebenso geheimnisvoll wie die (multiple) Identität der Künstler*in bleibt auch die Ausstellung „Carrier“: es ist nämlich kaum etwas zu sehen, das als Kunstwerk direkt ins Auge springt. Stattdessen hat sich K.r.m. Mooney mit den gesamten Räumlichkeiten der Braunschweiger Remise beschäftigt. Dieses ehemalige Wirtschaftsgebäude im Kontext der klassizistischen Villenanlage birgt allerlei Unbekanntes, das dem Besucher normalerweise verborgen ist.

Da wäre etwa die winzige alte Küche, für gewöhnlich hinter einer Rigipswand versteckt, die Mooney nun öffnet. In der Laibung zum Raum ist ein zweiteiliges Objekt montiert: eine Art Türfutter, an dem ein Glasgefäß angebracht ist. Es enthält trockene Hirse, ein Stück Schulp von einem Tintenfisch und weiteres organisches oder auch synthetisches Material. In der preziösen Ausführung des Gefäßes und seiner Befestigung sind die Fertigkeiten im Schmuckdesign unverkennbar.

Ob diese Mini-Installation neben der offensichtlich zeichenhaften Setzung an einem räumlichen Übergang auch olfaktorische Qualitäten entwickeln soll, also mittels Geruchssinn, ist nicht so recht wahrnehmbar. Immerhin: das Kunstlicht des Küchenraums bildet einen klaren Kontrast zum umgebenden Naturlicht, das sich im Laufe des Tages zudem ändert.

Ein weiteres, wie eine Preziose zelebriertes Objekt liegt auf dem Boden im Hauptraum der Remise. Es entpuppt sich als nagelneue Sonnenschutzmarkise mit ausfahrbarem Scherengestell. Sein Titel, übersetzt „Zweites Angebot“, mag auf seine ursprüngliche Funktion verweisen, die subtil angedeutet wird: die nach Westen ausgerichteten Fenster des hohen Raumes sind nun wieder vollständig freigelegt und wären, wenn denn Sommer wäre, für eine derartige mechanische Beschattung vielleicht dankbar.

Egal ob auf dem Boden liegend, oder über den Köpfen der Betrachter montiert, thematisieren K.r.m. Mooneys Arbeiten die Beziehung zwischen Material, Körper und Raum. Bodenschwellen, Türrahmen und Fensterbänke, besetzt mit Mooneys Objekten, markieren unsichere Zonen des Übergangs.

Auch das ansonsten als Depot genutzte und nicht zu betretende Obergeschoss ist nun für Besucher geöffnet. Hier liegt das Abfallprodukt eines Glockengusses: ein Bronzestück, das malerisch vor sich hin korrodiert. Ihm ist ebenfalls eine Botschaft immanent, etwa an imaginierte Klänge oder als Memento Mori jeglichen Verfalls.

Sicherlich, diese Art von Reduktion, das Legen von assoziativen Fährten hat seinen ästhetischen Reiz. Aber man ist dann doch froh, im Haupthaus eine ganz „normale“ Ausstellung vorzufinden. Sie stammt von der Griechin Georgia Sagri, 1979 in Athen geboren und dort sowie in New York praktizierend. Sagri war mit ihren poppig bunten Metallsilhouetten auf der letzten Documenta dabei, diese fusionierten Organe und Gliedmaßen bevölkern jetzt Innen- und Außenräume im Kunstverein.

Der Weg zu ihnen wird allerdings auch nicht leicht gemacht, wenngleich nur physisch: man darf sich von einer sperrigen Wand in der Eingangsrotunde nicht zurückweisen lassen, muss geduldig einer Choreografie Sagris folgen.

K.r.m. Mooney. Carrier und Georgia Sagri: bis 11. Februar 2018, Kunstverein Braunschweig