Kurt-Landauer-Stiftung in München: Promis treffen Ultras

In Gegenwart von Uli Hoeneß gründet sich in München eine Faninitiative. Sie will das Erbe des von den Nazis verfolgten Kurt Landauer bewahren.

Ein Reisepass aus der Zeit des Nationalsozialismus

Der mit einem roten „J“ für „Jude“ gestempelte NS-Reisepass Kurt Landauers, Teil einer Ausstellung über „Juden im deutschen Fußball“ Foto: imago/MIS

MÜNCHEN taz | Es passiert nicht oft, dass Honoratioren aus Politik, Fußball und Religion zu Veranstaltungen kommen, zu denen Fußball-Ultras eingeladen haben. Am Mittwoch, bei der Eröffnungsveranstaltung der „Kurt-Landauer-Stiftung“ in München, war es so. Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und weitere prominente Vertreter des FC Bayern waren neben der Vorsitzenden der israelitischen Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch, zum Königsplatz gekommen, um mitzuerleben, wie sich eine von Bayernfans rund um die Ultras der „Schickeria“ gegründete Initiative präsentierte.

Mit der neu gegründeten Stiftung, so erfuhren sie aus dem Mund von „Schickeria“-Sprecher Simon Müller, wollen die Bayern-Fans einen „Rahmen schaffen, um die Werte, für die Kurt Landauer stand, weiterzutragen.“ Es gehe dabei sowohl um Erinnerungsarbeit an die NS-Zeit als auch um aktuelle antirassistische Projekte im Sinne des jüdischen Ex-Präsidenten, der von 1919 bis 1933 und nach seiner Rückkehr aus dem Schweizer Exil von 1947 bis 1951 Präsident des FC Bayern war.

Landauer, der am Donnerstag vor 56 Jahren in München starb, wurde 2013 zum Ehrenpräsidenten ernannt, nachdem er jahrzehntelang vom Verein ignoriert worden war. Das änderte sich erst, als die „Schickeria“ mit zwei Choreografien und einem „Kurt-Landauer-Gedächtnisturnier“ auf ihn aufmerksam machte. Ein Jahr später wurde den Ultras vom DFB der mit 10.000 Euro dotierte „Julius-Hirsch-Preis“ verliehen, mit dem Initiativen geehrt werden, die sich gegen Rassismus engagieren.

Besonders junge Fußballfans seien dann „gut für soziale und politische Aktionen zu sensibilisieren, wenn die im Fußballkontext stattfinden“, erklärte Michael Linninger das Ziel der Initiative, deren Mitglieder aus allen Stadionbereichen und nicht nur aus der Ultraszene kommen. So finanziert man eine interkulturelle Straßenliga für Freizeitteams mit und bringe Flüchtlinge und Fußballfans im Stadion zusammen.

Karl-Heinz Rummenigge

„Er hat Weltoffenheit und Standfestigkeit in den Verein gebracht“

Auch am Projekt „Erinnerung vereint“, das Studienfahrten nach Auschwitz organisiert, ist die Stiftung beteiligt. Die Grabpflege bei Landauer, auf dessen Begräbnisstätte immer frische rote und weiße Blumen stehen, haben die Fans schon vor Jahren übernommen. Schon bald soll zudem ein Landauer-Denkmal am Trainingszentrum der Bayern an der Säbener Straße stehen. Schließlich haben sich Landauer Ende der Vierziger Jahre vehement bei der englischen Militärverwaltung dafür eingesetzt, dass der heutige Rekordmeister ein eigenes Trainingsgelände bekomme.

Bayern-Vorstands-Chef Rummenigge unterstützte unter dem Applaus der gut 100 Gäste das Denkmal und lobte in seinem Grußwort das Engagement der „Schickeria“ in den vergangenen Jahren. Landauer sei eine „herausragende Persönlichkeit“, die „Weltoffenheit, Professionalität und Standfestigkeit in unseren Verein gebracht“ habe, dessen Andenken aber zu lange in Vergessenheit geraten sei. Bei allem Lob für die „Schickeria“ könne er sich aber einen kritischen Hinweis nicht verkneifen: „Ich glaube, Pyrotechnik im Stadion hätte auch Kurt Landauer nicht gefallen.“

Ganz ohne Seitenhiebe kam hingegen Charlotte Knobloch aus. Sie könne sich noch gut daran erinnern, wie sie vor über zehn Jahren zusammen mit Freunden von der Dachauer Gedächtniskirche dort darüber geklagt habe, dass weder die Stadt München noch der FC Bayern ein ehrendes Gedenken an einen ihrer verdienten Bürger pflege. Sie sei sehr dankbar, dass die „Freunde von der Schickeria“ das aufgenommen hätten und mit ihrem Engagement begonnen hätten. „Freunde, herzlichen Dank“, sagte sie.

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