Steuerdeals mit den Niederlanden: EU rüttelt an Ikeas „Baukasten“

Die EU-Kommission untersucht das Finanzgeflecht von Ikea. Das Möbelhaus entzieht durch Lizenzzahlungen über die Niederlande seine Gewinne der Besteuerung.

ikea-Logo auf Einkaufswagen

Ikea soll zwischen 2009 und 2014 in Europa eine Milliarde Euro an Steuern vermieden haben Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Die Bauanleitungen von Ikea sind nicht immer leicht zu verstehen. Doch die Steuertricks des „unmöglichen“ Möbelhauses aus Schweden sollen noch viel kniffliger sein – behaupten jedenfalls die Grünen im Europaparlament. Nun hat die EU-Kommission ein Verfahren eingeleitet: Die Niederlande sollen Ikea steuerlich begünstigt haben.

Zwei Steuerabkommen mit dem niederländischen Staat könnten der Franchise-Tochter von Ikea „einen unfairen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen“ verschafft haben, erklärten die Wettbewerbshüter am Montag in Brüssel. Dabei könne „ein Verstoß gegen EU-Regeln zu Staatsbeihilfen“ vorliegen. Es wäre nicht das erste Mal.

Schon vor zwei Jahren hatte die EU-Behörde Steuerdeals der Niederlande mit der Kaffeehauskette Starbucks für illegal erklärt. Auch Luxemburg wird beschuldigt, mit Fiat-Chrysler unzulässige Absprachen getroffen zu haben. In Irland deckten die Wettbewerbshüter im vergangenen Jahr suspekte Steuer­deals mit Apple auf.

Im Kern geht es immer um dieselben Vorwürfe: Die EU-Staaten sollen die Unternehmen mit maßgeschneiderten Steuervorteilen angelockt haben – und so andere Unternehmen sowie den „einfachen“ Steuerzahler übervorteilen. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager wertet das als unzulässige Staatsbeihilfe.

System ist raffiniert und verschachtelt

Im Fall von Ikea geht es um ein Franchise-System, bei dem einzelne Filialen Lizenzgebühren in Höhe von 3 Prozent des Umsatzes an die niederländische Firmenzentrale zahlen, welche wiederum steuerfrei in Steueroasen wie Liechtenstein geleitet werden. Wie raffiniert und verschachtelt dieses System organisiert ist, hatte eine Studie der Grünen offengelegt.

Die EU-Kommission will diesen Praktiken einen Riegel vorschieben. „Die Mitgliedstaaten können nicht dafür sorgen, dass ausgewählte Unternehmen weniger Steuern zahlen, indem sie ihnen erlauben, ihre Gewinne künstlich nach woanders zu verlagern“, warnt Vestager. Nach Schätzungen der Kommission verlieren EU-Staaten durch Steuerdeals der Konzerne jährlich 50 bis 70 Milliarden Euro.

Die Niederlande zeigen sich kooperationsbereit – sie wollen den Hinweisen aus Brüssel nachgehen. Er werde eine unabhängige Kommission mit einer Untersuchung beauftragen, kündigt Finanzstaatssekretär Menno Snel an. Eine Bevorteilung einzelner Unternehmen dürfe es nicht geben.

Sven Giegold

„Ikeas Steuermodelle sind Diebstahl an der Gesellschaft“

Ikea hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Die beiden betroffenen Bereiche Inter Ikea und Inter Ikea Systems kämen ihren steuerlichen Verpflichtungen in allen Ländern nach, in denen sie aktiv seien.

„Ikeas Steuermodelle sind Diebstahl an der Gesellschaft“, hält der grüne Finanzexperte Sven Giegold dagegen. Ikea habe in Europa zwischen 2009 und 2014 mindestens eine Milliarde Euro an Steuern vermieden. Der Möbelkonzern bediene sich an Steuerschlupflöchern in Europa „wie in einem Baukasten“. Das Verschieben von Gewinnen in die Länder mit den niedrigsten Steuersätzen müsse aufhören: „Wir brauchen in Europa endlich Mindeststeuersätze.“

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