Leipziger-Buchmessen-Chef Oliver Zille: Rechte Verlage aushalten

Nach Übergriffen in Frankfurt bereitet sich Oliver Zille auf die Leipziger Buchmesse vor. Aber er ruft nicht zur aktiven Auseinandersetzung auf.

Portrait eines Mannes

„Wir haben keine Handhabe, rechte Verlage auszuschließen“, sagt Oliver Zille Foto: dpa

Von Oliver Zille hört und liest man mindestens einmal jährlich, immer Mitte März, nach Abschluss der Leipziger Buchmesse. In aller Regel gute Nachrichten, etwa von der erneut gestiegenen Ausstellerzahl und Besucherrekorden, die er so konzentriert wie leidenschaftlich vorträgt. Spätestens seit 2004, als er offiziell Direktor der neben Frankfurt wichtigsten deutschen Buchmesse wurde, ist Oliver Zille eine Institution in der Branche. Auch weil ihm die Gesamtleitung des parallel stattfindenden größten deutschen Lesefestes „Leipzig liest“ obliegt.

Insofern lässt es aufhorchen, wenn der 57-Jährige auch während des messefreien „Restjahres“ von Medien befragt und zitiert wird. Das Problem deutete er schon bei seinem Resümee 2016 an: Buchmessestände wie den des Rechtsaußen-Magazins Compact müsse man „bis zu einem gewissen Grad aushalten“. Vermutlich werde ihre Präsenz zunehmen, denn „die politischen Ränder werden lauter und aggressiver“, sagte Zille damals. Kurz nach dem Eklat auf der Frankfurter Buchmesse im vorigen Herbst, als es zu tätlichen Übergriffen auf rechte Verlage wie Antaios oder Tumult kam, befragte ihn der Tagesspiegel nach seiner Präventionsstrategie für die am 15. März beginnende Leipziger Buchmesse 2018.

Jetzt äußerte sich Zille gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) im gleichen Sinn: Obschon die Buchmessen-GmbH wie der Börsenverein des Deutschen Buchhandels keine staatliche Institution sei, fühle man sich an das Meinungsfreiheits-Postulat in Artikel 5 des Grundgesetzes gebunden. „Wir haben keine Handhabe, rechte Verlage auszuschließen“, erklärte Zille. Einen – womöglich missverständlichen – Aufruf zu aktiver Auseinandersetzung hört man von ihm nicht. Dennoch wolle er vermeiden, dass der äußerste rechte Rand mit vier bis fünf Verlagen indirekt auch die Leipziger Buchmesse so dominiert, wie es zuletzt bei der Branchenschau in Frankfurt der Fall war.

Schon seit Herbst laufen laut Zille die Vorbereitungen für eine stärkere Kontextualisierung – für „eine ganze Reihe von Veranstaltungen“, die sich mit Grundrechten, Toleranz und Minderheitenschutz befassen. Darüber habe er sich auch mit Initiativen wie #verlagegegenrechts verständigt, die strikt dagegen sind, rechts stehenden Verlagen überhaupt ein Podium zu bieten. Sollte es Anzeigen gegen verfassungsfeindliche Werke geben, würden diese von der Messe entfernt.

Man kann darüber spekulieren, inwieweit Zilles Haltung von Zeiten geprägt ist, als das Angebot auf der Leipziger Buchmesse noch stark eingeschränkt war. Der Kaufmann im Buch-Groß- und Außenhandel ist ein Leipziger Ostkind, machte in Ostberlin seinen Abschluss als Diplom-Außenwirtschaftler. Seit seinem Einstieg als Referent der Geschäftsleitung 1988 ist er der Buchmesse eng verbunden. Anfang der 1990er Jahre sah er sich auch in westdeutschen Verlagen und Buchhandelsketten um. Jenseits des Geschäfts wird der Vater zweier Kinder im März auch als geschickter Diskurs-Regisseur gefragt sein.

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