berliner szenen
: Leicht monströse Schutzhülle

Mruft an. Er bedankt sich dafür, dass ich ihn vor ein paar Tagen ausgeschimpft und aus der Wohnung gebracht habe. Mehr als zwei Stunden hatte ich, ohne viel zu murren, ­gewartet, bis er dann endlich gefühls­technisch in der Lage war, aufzubrechen, und alles zusammen gepackt hatte.

Ich freue mich über seinen Anruf. Ich hatte mich schon entschuldigen wollen, weil ich so ruppig gewesen war.

In Zeitlupe hatten wir uns dann aus dem vierten Stock nach unten bewegt. Ich war rückwärts gegangen, immer drei Stufen unter ihm, bereit, ihn aufzufangen, wenn er stürzen sollte. Und mein Freund hatte sich tapfer nach unten gekämpft. Eine Hand am Treppengeländer; den einen Fuß noch in so einer leicht monströsen Schutzhülle; den anderen, der schon fast wieder heil war, im ­normalen Diabetikerschuh.

Und kurz danach standen wir schon im Hausflur, gleich am Südstern.

Er telefonierte. Schneller, als ich hätte eine Zigarette anzünden können, kam ein Taxi.

Der Rollator wurde verstaut. Ein Weile dauerte es, bis er korrekt im Kofferraum lag. Und ich sah dem Taxi zu, wie es verschwand, und fuhr zu meiner anderen Verabredung.

Wir aßen Tapas und tranken Wein dazu; es war alles sehr entspannt und selbstverständlich; unterschiedliche Krisen wurden skizziert. B. sagte mehrmals – und das habe sie auch ihren Kindern gesagt –, sie sei im sozialen Abstieg, ihr habt nichts von mir zu erwarten.

Ich erzähle von M. C., der Busfahrer fragt: „Wie alt?“ Ich antworte „62“. Und frage zurück: „Wie alt bist du?“ – „63.“ Ich hätte den Fragenden eher acht Jahre jünger geschätzt. Und als wir draußen rauchten, dachten wir an „4 Blocks“. Es spielt exakt in dieser Gegend am Görlitzer Park. Detlef Kuhlbrodt