Oettinger setzt auf Klimapolitik

EU-Haushaltskommissar prüft Finanz-Strafen für Polen – und liebäugelt mit einer Plastiksteuer

Von Eric Bonse

Was ist uns die EU wert? Mehr als eine Tasse Kaffee pro Tag sollte es schon sein, sagt Kommis­sions­präsident Jean-Claude Juncker. Nur so viel gebe der Steuerzahler bisher für die Union aus. Doch wie soll es nach dem britischen EU-Austritt weitergehen?

Haushaltskommissar Günther Oettinger gab nun erstmals Einblick in seine Pläne. Der Brexit reiße ein tiefes Loch in das EU-Budget, deshalb werde es quer durch alle Politikfelder Kürzungen geben, sagte der CDU-Politiker. Dennoch soll die EU für ihre Mitglieder kaum teurer werden.

Statt wie bisher 1 Prozent der Wirtschaftsleistung (von 2014 bis 2020 gibt die EU 964 Mil­liar­den Euro aus) sollen die 27 EU-Staaten ab 2021 etwas mehr als 1,1 Prozent zahlen, so Oettinger. Der „Kaffee“ wird also nicht viel teurer. Allerdings: Einem Eurozonen-Budget, wie es Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron fordert, erteilte Oettinger ebenso eine Absage wie neuen Schulden oder Anleihen.

Auch eigene EU-Steuern will der Schwabe nur im Notfall erheben. Allenfalls denkt er über eine Plastiksteuer nach. Schließlich sei es eine europäische Aufgabe, den Plastikmüll einzudämmen. Oettinger spielt auch mit dem Gedanken, die nationalen Erträge aus dem europäischen Emissionshandel einzusammeln. Der Umwelt- und Klimaschutz könnte so künftig die EU-Kassen füllen.

All dies diene jedoch nur dem Zweck, die Beiträge für die EU-Staaten niedrig zu halten, so der Kommissar. Deshalb sollen sogar Agrarsubventionen und Kohäsionsfonds auf Diät gesetzt werden. Die Kürzung könne bis zu 15 Prozent betragen, deutete Oettinger an.

Dass die Europäischen Union infolge der Eurokrise mehr Kohäsion („Zusammenhalt“) denn je braucht, spielt für Oettinger keine Rolle. Genauso wenig die Idee von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD), dass Deutschland besonders von der EU profitiere – und daher mehr als bisher zahlen solle.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits vor fünf Jahren die erste Kürzung des EU-Budgets überhaupt durchgesetzt – zusammen mit Großbritannien. Gleichzeitig hatte Merkel auf einem geringerem Briten-Rabatt bestanden – und so die deutschen Zahlungen weiter verringert. Doch damit soll nun Schluss sein, so Oettinger. Mit der „Mutter aller Rabatte“ sollten auch andere Vergünstigungen fallen.

Gleichzeitig plant der Kommissar, EU-Hilfen künftig an die Einhaltung europäischer Grundwerte wie der Rechtsstaatlichkeit zu binden. Das wird schwierig. Ab Ostern dürfte die große Budgetschlacht beginnen. Diesmal werden sich nicht nur Nettozahler und -empfänger gegenüberstehen.

Es dürften auch alle protestieren, die von Kürzungen oder neuen Kondi­tio­nen betroffen sind – wie Polen oder Ungarn. Gegen beide Länder laufen bereits Vertragsverletzungsverfahren. Allerdings müssen Warschau und Budapest dem EU-Finanzrahmen zustimmen: Am Ende ist Einstimmigkeit gefordert.