Braille in der Musik

Erst ertasten Musizierende die Notationen, die in die Braillenotenschrift übertragen wurden, merken sie sich und spielen sie dann – klingt einfach, erfordert aber hohe Konzentration

Wie werden Noten in Musikbraille übertragen?

Geschrieben wird Musikbraille auch mit dem Sechs-Punkte-System. Ein spezielles Ankündigungszeichen sagt: „Stopp, ab jetzt beginnt die Musikschrift.“ Danach geht es weiter mit den bekannten sechs Punkten, die aufgrund der andersartigen Informationen der Musik nun teils eine andere Bedeutung annehmen – ein „a“ in Braille ist also kein „a“ in Musikbraille.

Für die Wiedergabe der Noten werden zwei Werte in einem Braillezeichen codiert: die Tonhöhe der Note (C, D, E, F, G, A, H) in den oberen vier Punkten und die Tondauer der Note (1/1, 1/2, 1/4, 1/8) in den zwei unteren Punkten. Neben der Codierung der Tonhöhe und Tondauer der einzelnen Noten, beinhaltet das komplexe System auch viele Zusatzsymbole für Pausen, Akkorde, Oktaven oder Harmonien – so dass sich alles von Bach bis Beyoncé spielen lässt.

Wie werden Noten übersetzt?

„Früher wurden die Musiknoten von Hand in Blindenschrift übersetzt. Sie können sich vorstellen, wie lange das gedauert hat.“ Thomas Kahlisch ist Leiter der Deutschen Zentralbücherei für Blinde (DZB). Weil das so aufwendig und teuer war, wurden von 1995 bis 2002 in Deutschland überhaupt keine Braillenoten produziert. Dann kam Thomas Kahlisch mit dem DaCapo-Projekt: „Wir wollten das technisch vereinfachen.“ Heute schrei­ben uns Musiker, welche Musikstücke sie brauchen. Die DZB scannt diese ein, und ein Programm übersetzt sie fast automatisch in Braille-Notenschrift. Die Musiker erhalten ihre Braillenoten als Papierdruck oder in Computerbraille – und das innerhalb einer Woche.

Ist das schwer zu lernen?

Nicht wenn man Brailleschrift schon kann, aber so einfach ist es auch nicht: „Bei einem Instrument fängt man ja auch nicht mit der Partitur an, sondern mit den einfachen Dingen, und das unterscheidet sich dann eigentlich nicht mehr davon, wie das ein sehender Mensch erlernt“, sagt Kahlisch.