Jörn Kabisch Angezapft
: Das Le Chauffeur ist nicht so schwör

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Dünn und wässrig, das ist der Ruf, der alkoholfreien Bieren noch immer anhängt. ­Dabei wächst der Markt, und das nicht nur bei handelsüblichen Marken. Auch Craft-Brauer experimentieren mit dem, was der traditionelle Biertrinker gern grimmig als Antialkoholika abtut. Ob Riedenburger (Dolden Null) Riegele (Liberis 2+3), BRLO (Naked) oder Wolfs­craft (Brutal Alkoholfrei) – inzwischen kommt einiges zusammen, das nur knapp über der Nullpromillegrenze liegt.

Geschmacklich schlagen die alkoholfreien Craftbiere durchweg die industrielle Konkurrenz. Denn sie sind als Pale Ales gestaltet, somit weit stärker gehopft als Pils oder Weizen und auf Alkohol als Geschmacksträger nicht so sehr angewiesen.

Zur Herstellung gibt es zwei Ansätze. Beim ersten soll der Alkohol gar nicht erst entstehen, beim zweiten aus normalem Bier so weit wie möglich entfernt werden. Doch Bier auf Entzug zu setzen ist technisch sehr aufwendig und für kleine Erzeuger meist zu teuer. Das gängige Verfahren ist daher, die alkoholische Gärung durch Erhitzen zu stoppen, wenn das Bier einen Alkoholgehalt von etwa 0,5 Prozent erreicht hat. Solch Gebräu ist dann quasi Produkt eines Coitus interruptus: Die Hefen haben gerade erst gierig ihre Arbeit aufgenommen, da müssen sie auch schon dran glauben. In der Tiefe und Vielfalt der Aromen fehlt einfach etwas, und das schmeckt man meist auch.

Das Brauhaus Nittenau aus der Oberpfalz hat einen dritten Weg gefunden. Für das „Le Chauffeur“, ein Indian Pale Ale, kommen spezielle Hefen zum Einsatz, die nur Glucose verarbeiten, nicht aber den komplexeren Malzzucker. So entsteht auf ganz natürliche Weise weniger Alkohol.

Es erfordert regelrecht Konzentration, den geringen Alkohol im „Chauffeur“ zu erkennen. Beim ersten Schluck vermisst man ihn nicht. Das Bier, trüb orange mit einer feinen Schaumkrone, hat bereits sehr ausgeprägte zitrusbittere Noten in die Nase gesendet. Erst auf der Zunge entfalten sie sich exotischer, an Mango, Pfirsich und Grapefruit erinnernd. Insgesamt ist „Le Chauffeur“ recht süß, füllt auch den Mund gut aus, erreicht aber nicht ganz das Volumen und die geschmackliche Tiefe eines höherprozentigeren Biers. Die Bitterkeit hält im Abgang an, bleibt aber auch hier flacher.

Le Chauffeur FreIPA, Brauhaus Nittenau, 0,38 Vol.-%

Trotzdem würde ich jede Wette eingehen, mit dem „Chauffeur“ könnte man bei einer Blindverkostung so einigen Kennern ein X für ein U vormachen. Wie bei allen Alkoholfreien gilt aber: gut gekühlt trinken.