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Warum nicht alle alle Feste feiern

Vorreiter-Projekt: Deutschlands erste christlich-muslimische Kita eröffnet im kommenden Sommer im niedersächsischen Gifhorn

„Kinder und Familien sollen erleben, dass ihre religiösen Hintergründe wahr- und ernstgenommen werden“

Hans-Peter Daub, Dachstiftung Diakonie

Die nach Angaben der Initiatoren bundesweit erste christlich-muslimische Kindertagesstätte „Abrahams Kinder“ nimmt im Sommer in Gifhorn ihren Betrieb auf. Im Zentrum des Vorreiter-Projektes stehe die Idee der Toleranz, sagte am 25. Januar der Vorsitzende des Planungskomitees, Martin Wrasmann. „Ganz praktisch sollen sich die Kinder ab August in der neuen Einrichtung beispielsweise damit auseinandersetzen, warum die einen Menschen Weihnachten, Ostern oder Ramadan feiern und die anderen eben nicht.“

Bereits Anfang 2016 sei die Idee entstanden, und die Beteiligten hätten in der Folge einen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Eröffnen sollte die Kita laut anfänglichen Planungen schon im Herbst 2017, was sich aber verzögerte: Als Räumlichkeit für den neuen Kindergarten waren die Räume der existierenden Gruppe „Gifhörnchen“ vorgesehen. Deren Umzug in einen Neubau verzögerte sich aber, zudem benötigte die Stadt Gifhorn zwischenzeitlich zusätzliche Krippen-Kapazitäten, um einem akuten Engpass abzuhelfen. Die Eröffnung des christlich-muslimischen Kindergartens wurde daher auf den Frühsommer 2018 verschoben.

Zum Planungskomitee gehören jeweils drei Vertreter der katholischen Pfarrei St. Altfrid, der türkisch-islamischen Gemeinde zu Gifhorn und der evangelischen Dachstiftung Diakonie sowie jeweils einer der Stadt, der evangelischen Kirche und einer weiteren Moschee. Eine feste jüdische Gemeinde, die sich ebenfalls beteiligen könnte, gibt es Wrasmann zufolge in Gifhorn nicht.

Hans-Peter Daub von der Dachstiftung Diakonie betonte, die Kinder und Familien sollten in der Kita erleben, dass ihre religiösen Hintergründe wahrgenommen und ernst genommen würden. Gerade muslimische Bürger hätten den Initiatoren berichtet, dass sie die Auseinandersetzung mit ihrer Religion in anderen Einrichtungen vermissten. Insofern trage schon der Name der Kita zur Toleranz bei, denn Abraham gelte als der Urvater von Judentum, Islam und Christentum.

Noch seien die Räumlichkeiten von einer katholischen Kita belegt, hieß es. Diese ziehe aber im Frühjahr um. Zum Auftakt sei eine altersübergreifende Gruppe mit 18 Plätzen für Kinder zwischen einem und sechs Jahren geplant. Für sie sollen drei Erzieher oder Erzieherinnen zuständig sein. Aktuell laufe das Bewerbungsverfahren für eine Leitungskraft. „Dabei werden wir sehr genau auf die religionspädagogische Qualifikation achten“, betonte Daub. Es stehe fest, dass dem Erziehungspersonal Vertreter aller beteiligten Religionen angehören sollen.

Für die beteiligte Moscheegemeinde sagte Yurtsever Rayman, schon jetzt gebe es sechs Anmeldungen von Familien mit muslimischem Hintergrund. Die Eltern könnten sich darauf verlassen, dass religiöse Speiseregeln nicht nur eingehalten, sondern auch allen Kindern erklärt würden. „Ein Erfolg wäre das religiöse Miteinander dann, wenn wir uns nicht rechtfertigen müssten, warum wir es machen“, sagte Wrasmann, „sondern, wenn sich andere rechtfertigen müssten, warum sie es nicht machen.“ (epd/taz)