Korsen fühlen sich gedemütigt

Frankreichs Präsident Macron lehnt alle Forderungen der Nationalisten auf der Insel rundweg ab

Macron schloss „jede Nachsicht“ für auf dem Festland inhaftierte Korsen aus

Aus Paris Rudolf Balmer

Brüskierte Gastgeber statt Zugeständnissen: Die Korsika-Reise des französischen Präsidenten Emmanuel Macron hat das Verhältnis zwischen der traditionell aufmüpfigen Insel und Frankreichs Regierung nicht kitten können. Alle Forderungen der korsischen Nationalisten lehnte Macron in seiner Rede am späten Mittwochnachmittag ab. Rein symbolisch möchte Macron allenfalls Korsikas „Besonderheit“ in der Verfassung erwähnen. Diese rhetorische Geste mussten die Nationalisten unter den Zuhörern in Bastia als Affront empfunden werden.

Sein zweitägiger Besuch auf Korsika sei eine der sensibelsten Reisen seit seinem Amtsantritt, hatte die konservative Tageszeitung Le Figaro zuvor einen Vertrauten des Präsidenten zitiert. Die vom gemäßigten Nationalisten Gilles Simeoni angeführte Koalition von Autonomisten und Separatisten Pé a Corsica („Für Korsika“) hatte im Dezember die absolute Mehrheit im Regionalparlament errungen. Nun sehen die Nationalisten eine historische Chance, Frankreich einen Autonomiestatus für die Insel abzuringen.

Doch Macron kam nicht, um irgendwelche Zugeständnisse zu machen, wie spätestens bei seiner Rede klar wurde. Für ihn ist und bleibt Korsika konzes­sions­los ein integraler Bestandteil der Republik. „Korsika gehört zum Herzen der (französischen) Republik und muss seine Zukunft in der Republik gestalten“, sagte er. Zudem ließ er wissen, dass auch eine Autonomie, die weiter gehen könnte als der seit Anfang Januar geltende Status mit „unvergleichlich großen Kompetenzen“ für die territoriale Behörde der Insel, nicht infrage komme.

Der Präsident plädierte für eine „intelligente Partnerschaft zwischen dem Staat und Korsika“. Diese Partnerschaft beinhaltet aber nur den Status quo – und die komplette Ablehnung aller Forderungen von Pé a Corsica. Simeoni sprach dementsprechend von einer „Demütigung der Korsen“ durch Ma­cron. Eine Absage erteilte Macron etwa dem Wunsch, die Immobilienspekulation zu bekämpfen: Die Korsen wollten einen neuen Status für Ansässige schaffen, der für einen Hauskauf einen fünfjährigen Wohnsitz voraussetzen würde. Auch für die Forderung nach einem Transfer der Steuerkompetenzen gab es eine Absage. Macron machte hier mit drohendem Unterton klar, dass man nicht mit neuen lokalen Abgaben Geld einnehmen und zugleich alle Subventionen der Zentralregierung kassieren könne. Im Namen der Verfassung lehnte er ab, dass Korsisch neben Französisch auf der Insel als Amtssprache anerkannt werden könnte.

Bereits am ersten Besuchstag war deutlich geworden, dass von ihm keine politische Wende in der Korsika-Frage zu erwarten war. Bei der Gedenkfeier am Dienstag für den 1998 von einem nationalistischen Kommando ermordeten Präfekten Claude Erignac verurteilte Macron mit harten Worten jede Form von Terrorismus. Macron schloss „jede Nachsicht oder gar eine Amnestie“ für auf dem französischen Festland inhaftierte Korsen aus. Die Nationalisten betrachten diese als politische Gefangene.

Dass Macron dabei die früheren Attentate der korsischen Untergrundbewegung FLNC in denselben Topf warf wie islamistischen Terroranschläge der letzten Jahre, hat die korsischen Nationalisten nachhaltig empört. Die FLNC hatte 2014 den bewaffneten Kampf eingestellt.

Macrons Auftreten auf Korsika interpretierten die Korsen als pure Arroganz der Zentralmacht. Nicht nur die führenden Inselpolitiker, auch die Wähler von Pé a Corsica sind nun enttäuscht und beleidigt. Das Risiko, als Antwort darauf wie früher mit Sprengstoffanschlägen Druck zu machen, ist real.