Kein Abschied, der ihm leichtfällt

In einem Interview zweifelt Thomas de Maizière die Eignung seines Nachfolgers Horst Seehofer an

Aus Berlin Jörn Kabisch

Jetzt auch noch Thomas de Maizière. Wer nach einem Beweis suchte, dass es in der Union nicht nur die junge Generation ist, die nach mehr Lebendigkeit ruft, um fit für die Post-Merkel-Ära zu werden, findet ihn in den Sätzen des scheidenden Innenministers. Etwas verblümt, aber doch sehr direkt zweifelt er darin die Eignung Horst Seehofers an, sein Haus führen zu können. „Vorsichtig und zurückhaltend ausgedrückt ist es für einen Verfassungsminister doch sehr hilfreich, wenn er Jurist ist“, sagt er in einem großen Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Es ist jedenfalls ein Beitrag, die Innerparteilichkeit von CDU und CSU zu dynamisieren. Spitzen gegen die Schwesterpartei, das war in den vergangenen Jahren vor allem eine bayerische Disziplin.

In dem Interview lässt de Maizière gleichzeitig erkennen, wie ungern er das Amt verlässt. Der 64-Jährige, einst Merkels Mann für alle Fälle, als Kanzleramtschef, als Verteidigungsminister, sagt, er habe nach der Bundestagswahl nur für das Innenressort zur Verfügung gestanden. „Mein Ehrgeiz richtete sich ausschließlich auf die Fortsetzung einiger Projekte, die ich als Bundesinnenminister begonnen hatte.“ Aber anders als Sigmar Gabriel, der vor Wochen mit einem Spiegel-Gespräch noch einmal den Kampf um das Außenministerium anging, akzeptiert er die Entscheidung, nicht mehr dem neuen Kabinett anzugehören.

Es ist ein großes Abschiedsinterview. Und auch wenn de Maizière seinem Nachfolger Seehofer „vollen Herzens“ viel Erfolg wünscht, ist er skeptisch über den Zuschnitt des Ressorts. In den Koalitionsverhandlungen ist aus dem Innenministerium schon bisher ein Superministerium, quasi ein Hyperministerium gemacht worden, das künftig für Bauen und das Thema Heimat zuständig sein soll. Das Ministerium im bisherigen Zuschnitt „hat mich mit voll und ganz, mit Haut und Haaren gefordert“, sagt de Maizière dazu. Es müsse handhabbar bleiben. „Ich jedenfalls hätte mir diese Breite des Ressorts, wie die CSU sie anstrebt, nicht zugetraut.“

Zum Thema Heimat, zur allgemeinen Debatte über das sogenannte Staatsversagen, hat de Maizière viel zu sagen. „Der Staat schaffe Heimat nicht, sondern er stelle „allenfalls Rahmenbedingungen her, innerhalb derer die Menschen sich ihre Heimat schaffen“, meint er. Und äußert dabei auch Kritik. Wenn bis in den Bereich der Politik hinein der Eindruck herrsche, dass das Führungspersonal selbst die Glaubwürdigkeit ihrer Institutionen untergräbt, dürfe man sich nicht wundern, dass Vertrauen in Institutionen zerstört werde. „Führungspersonen sollten keine Ichlinge sein“, schließt der Minister. Wen er damit wohl meint? Deutlicher will er nicht werden.