Scheinbar geläutert

JUSTIZ Altonas CDU prüft Wiedereröffnung des Moritz-Liepmann-Hauses, das Gefangene auf die Entlassung vorbereitet. Doch das Ansinnen ist umstritten

Benannt nach dem Hamburger Kriminologieprofessor Moritz Liepmann, wurde die Übergangsanstalt Anfang der 1970er Jahre gegründet.

45 Insassen – 38 Männer und sieben Frauen – wurden für sechs bis zwölf Monate untergebracht.

Wieder eingegliedert in ein überwiegend offenes Vollzugsprogramm wurden sie, nachdem sie ihre Haftstrafen zuvor im geschlossenen Strafvollzug verbracht hatten.

Geschlossen wurde das Moritz-Liebermann-Haus 2005 unter dem Justizsenator Roger Kusch (CDU).

Nun ist es ausgerechnet die CDU, die eine Wiedereröffnung des Moritz-Liepmann Hauses fordert. Das Haus in der Alsenstraße neben dem Musicaltheater „Neue Flora“, das Strafgefangene auf die Entlassung vorbereitet, war 2005 auf Betreiben des damaligen CDU-Justizsenators Roger Kusch geschlossen worden.

Jetzt aber heißt es in einem Antrag des CDU-Kreisverbandes Altona: „Die Anstalt arbeitete äußerst erfolgreich und war ein bundesweites Vorzeigemodell auf dem Gebiet der Re-Integration ehemaliger Strafgefangener.“ Deshalb solle nun die CDU-Bürgerschaftsfraktion prüfen, inwieweit eine Neueröffnung „im Zuge der Neuausrichtung des Justizvollzuges in Hamburg hilfreich“ erscheine.

Fragt man jedoch bei den Antragstellern nach den Ursachen für diese Neueinschätzung, hört man Überraschendes: Uwe Szczesny, Altonas CDU-Bezirksfraktionschef, sagt: „Der CDU ist es nicht so wichtig, dass die alte Nutzung wieder im Vordergrund steht.“ Es gehe darum, Klarheit über die weiteren Pläne zu erhalten, „bevor Hamburg auf die Idee kommt, es zu verkaufen“ – und damit eine Nutzung für kommunalpolitische Zwecke zu sichern. Und am „allerliebsten“ wäre Szczesny eine Nutzung des ehemaligen Liepmann-Hauses als Backpacker-Hotel, wie sie bereits einmal angedacht war. Nachfolgend auf der Liste steht eine Nutzung für Künstler, wobei Szczesny auch die Mieter des Frappant, für das Ikea einen Vorvertrag unterzeichnete, im Blick hat, denen jetzt schon zum 30. November gekündigt wurde. „Ikea hat signalisiert, dass es bei einer Umsiedlung helfen würde“, sagt der CDU-Mann.

In der Justizbehörde ist man wenig erfreut über den Vorstoß der Altonaer CDU. Der grüne Justizsenator Till Steffen hatte den Umbau des Strafvollzugs unter Roger Kusch scharf kritisiert und bei Amtsantritt eine Rückkehr zum Resozialisierungs-Konzept angekündigt. Den Antrag der CDU nennt Behördensprecher Volker Bulla nun „völlig verfrüht“. Denn derzeit arbeite eine Fachkommission ein Gesamtkonzept zum Entlassungsmanagement aus. Deren Ergebnisse seien „für dieses Jahr anvisiert“. Bis dahin aber, so Bulla, sei man „an einer sachlichen Diskussion interessiert“ – und führe sie „mit allen Beteiligten“. FRIEDERIKE GRÄFF