Springer, der Frauenförderungsverlag

Stark im Digitalen, aktiv in neuen Märkten – und gut für Frauen. So präsentiert der Springer-Konzern seine Jahresbilanz für 2017

Hat keine Toleranz für „Männer mit Kontrollstörungen“: Mathias Döpfner Foto: reuters

Von Peter Weissenburger

Ein Medienkonzern auf der Suche nach neuen Märkten, aber umgeben von Feinden: So will Mathias Döpfner die Situation seines Verlages keinesfalls sehen. Am Donnerstag hat Axel Springer seine Jahresbilanz 2017 vorgestellt. „Springer ist auf dem Weg ein digitales Wachstumsunternehmen zu werden“, sagt der Vorstandsvorsitzende und freut sich über 71 Prozent Umsatzerlöse im digitalen Geschäft.

Springer investiert seit Jahren intensiv im Digitalbereich, um den Rückgang der Zeitungsverkäufe – seines ehemaligen Kerngeschäfts – auszugleichen. Springer, das ist schon lange nicht mehr nur Bild, Welt und Lokalzeitungen, dem Konzern gehören unter anderem das Immobolienportal immowelt.de, die Jobbörse stepstone, mehrere Shoppingwebseiten international – und seit Neuestem das US-Portal Business Insider. Dieser Einkauf soll sich im Laufe des Jahres amortisieren, stellt Springer-Finanzvorstand Julian Deutz in Aussicht.

Allerdings sind gerade die Märkte, in denen Springer besonders wachsen will – unter anderem in den USA und Polen –, politisch unsicher geworden. Beunruhigt wegen protektionistischer Tendenzen in diesen Ländern sei er allerdings nicht, sagt Döpfner. Dabei spricht die nationalkonservative polnische Regierungspartei PiS seit Jahren davon, ihre Medien „repolonisieren“ zu wollen. PiS droht damit, dass ausländische Firmen zukünftig nur noch einen Anteil von 30 Prozent an polnischen Medien halten sollen. Eine Enteignungsfantasie, ein populistisches Muskelspiel, vielleicht – und doch gibt es ein Vorbild. 2015 verfügte die russische Regierung, dass die mögliche Beteiligung ausländischer Verlage an Massenmedien in Russland auf 20 Prozent beschränkte. Springer zog sich gezwungenermaßen weitgehend aus dem Russlandgeschäft zurück. Mathias Döpfner weist entsprechende Spekulationen in Bezug auf Polen zurück. „Für ein EU-Mitglied halte ich einen solchen Schritt für nicht machbar.“

Ahnungslos bei Facebook

Als Feinde will Döpfner übrigens auch die mächtigen Social-Media-Konzerne wie Facebook nicht sehen, die inzwischen durch minimales Schrauben am Algorithmus große Verunsicherung in Medienkonzernen auslösen können. Das Ganze als Krieg zwischen Facebook und Verlagen zu betrachten halte er für „eine infantile Sicht“, sagt Döpfner. Dennoch bestätigt Stephanie Caspar, neuestes Springer-Vorstands-Mitglied und Verantwortliche für Technologie und Daten, dass Veränderungen am Facebook-Algorithmus sich seit Mitte letzten Jahres bei Springer in Form von Reichweiteverlusten bemerkbar machen. „Wir können das immer nur anhand des Effekts bewerten“, sagt Caspar. Um aktiv reagieren zu können, fehle das Wissen – und die Transparenz bei Facebook.

Bemüht gegen Sexismus

Nicht nur weil Internationaler Frauenkampftag war und der Springer-Vorstand endlich ein weibliches Mitglied hat, auch wegen des jüngsten Abgangs von Bild-Chefredakteurin Tanit Koch kam Döpfner auf das Thema Geschlecht bei Springer zu sprechen. Man habe sich als einer der ersten Verlage in Europa dafür eingesetzt, Frauen in Führungspositionen zu bringen und die Vereinbarkeit von Karriere und Familie zu ermöglichen. Gerade erst ist ein Springer-Manager rausgeflogen, weil er mehrere Angestellte offenbar sexuell belästigt hat.

„Dass es bei 16.000 Mitarbeitern immer wieder solche Fälle geben kann, damit müssen wir leben“, kommentiert Döpfner den Vorfall. „Aber wer derartige Kontrollstörungen hat, soll wissen, dass so etwas hier nicht toleriert wird.“ Entsprechende Beschwerdestellen gebe es für alle Mitarbeitenden, inzwischen auch außerhalb des Hauses, betont Döpfner. Allerdings ist es gerade beim jüngsten Fall so, dass die Beschwerden wegen sexueller Belästigung eben nicht hausintern angesprochen worden sind, sondern der Vorstand davon aus einem Bericht des Manager Magazins vom Januar erfuhr. Offenbar ist auch beim Frauenförderungsunternehmen Springer bei der Vertrauenskultur noch viel zu tun.

Bei all denjenigen in der Politik und im Netz, die den Erfolg von Springer sabotieren könnten, braucht man ja schließlich nicht noch welche, die das von innen tun.