Ein Zuhause für die nächste Generation

Für den taz Report 2021 haben wir zur Zukunft der taz geforscht – und sind in der Gegenwart angekommen

Ohne sie kein Innovationsreport: (v. l. n. r.) Luise Strothmann, Katrin Gottschalk, Bert Schulz, Harriet Wolff, Sebastian Erb, Ingo Arzt, Nicola Schwarz­maier Foto: Karsten Thielker

Von Katrin Gottschalk

Nach neun Monaten und drei Schwangerschaften im Team erblickt er nun das Licht der Welt: der taz Report 2021. Gewicht: 225.000 Zeichen Text. Der Report ist Ergebnis der Arbeit von acht taz-Mit­arbei­ter*innen aus Redaktion und Verlag, die auf Initiative der Chefredaktion im Frühjahr 2017 mit ihrer Recherche begannen, neben ihrer täglichen Arbeit. Wir haben dafür Leser*innenbefragungen herangezogen, Erlöstabellen durchleuchtet, eine Umfrage unter allen Mitarbeitenden der taz durchgeführt, Fokusgruppen getroffen, mit vielen einzelnen taz-Mitarbeiter*innen gesprochen, Branchen-Expert*innen und Mitgliedern der taz-Genossenschaft.

Entstanden sind schließlich sechs Thesenkapitel mit Namen wie „Dafür wurde die taz gegründet – Wie wir früher erkennen, was morgen unsere Themen sind“ oder „Mehr Kapitalismus wagen – Wie wir mit Journalismus genügend Geld verdienen“. Die Thesen beschäftigen sich mit den Inhalten des taz-Journalismus, der Finanzierung, der taz als Onlinemedium, der internen Arbeitsstruktur, dem Personal und der Kommune – also denjenigen, die die taz überhaupt erst möglich machen, den Genoss*innen, Unterstützer*innen und Leser*innen.

Eine „linke Tageszeitung für die BRD und Westberlin“. So wurde die taz vor 40 Jahren auf dem Tunix-Kongress in Berlin angekündigt. Den Medien, die sich im Deutschen Herbst 1977 freiwillig an die Nachrichtensperre der Bundesregierung hielten, wollten die Gründer*innen linken, unabhängigen und undogmatischen Journalismus entgegensetzen. Mittlerweile sind die Medien andere, auch die Bundesrepublik ist eine andere als 1978. Eine rechtspopulistische Partei sitzt im Bundestag, Mieten werden unbezahlbar, Digitalkonzerne bestimmen die Öffentlichkeit im Internet. Heute wie damals braucht es ein Medium, das den Status quo bedingungslos kritisiert und nach Utopien sucht. Das den Fokus auf Themen und Länder richtet, auf die andere nicht schauen. Das ist die taz. Unsere Arbeit braucht es heute genauso wie vor 40 Jahren.

Eine Frage, die sich durch alle Thesen im Report hindurchzieht, ist die nach der digitalen Zukunft der taz. In einem kurzen Film zum Report formuliert es taz-Redakteurin Amna Franzke, 24, so: „Ich will, dass die taz für meine Generation ein Zuhause wird, genauso, wie sie jetzt schon für die Gründergeneration ein Zuhause ist. Und das geht nur online.“ Gerade im Netz verliert die taz aller­dings an Reichweite. Dabei haben wir dort die Chance zu wachsen. Unser freiwilliges Bezahlmodell taz zahl ich ist erfolgreich. Das kann allerdings nur funktionieren, wenn genügend Menschen überhaupt die taz im Netz lesen.

Im Report haben wir uns gefragt, was die taz wäre, würde man sie heute neu erfinden. Sie wäre mit Sicherheit keine gedruckte Tageszeitung. Sie wäre viel eher ein Graswurzel-Digitalkollektiv, das einfach mal ausprobieren würde, wie man in diesem Internet tollen und wichtigen Journalismus machen kann. Sie würde sich mit den gleichen Themen wie damals beschäftigen und darüber streiten, ob ein Fokus auf Feminismus nun links ist oder nicht. Sie würde experimentieren und neue Formate ausprobieren, von denen andere sagen: „Was ist das denn bitte?“

Sie sind dran!

Keine Innovation ohne taz-Leser*innen: Bis zum 31. März 2018 laden wir Sie ein, unsere Analysen und Vorschläge im taz-Innovationsreport zu studieren und zu kommentieren. Alle Infos finden Sie auf: www.taz.de/report2021

Das Team hinter dem Report

Wie muss die taz von morgen aussehen? Mit dieser Frage auf dem Zettel ging im Mai 2017 unser achtköpfiges Rechercheteam an die Arbeit: Katrin Gottschalk,stv. Chefredakteurin und Projektleiterin Report, Ingo Arzt,Redakteur im Ressort Wirtschaft und Umwelt, Svenja Bergt,Redakteurin im Ressort Wirtschaft und Umwelt, Sebastian Erb,Redakteur der taz am Wochenende, Bert Schulz, Ressortleiter taz Berlin, Nicola Schwarzmaier, Abteilungsleiterin Digitale Transformation, Luise Strothmann,stv. Leiterin taz am Wochenende, Harriet Wolff,Redakteurin im Ressort Wahrheit.

Mit Blick auf den 40. Geburtstag der taz schlägt das Entwicklungsteam deshalb vor, die taz im Netz neu zu gründen. Indem wir anders arbeiten und die taz online überarbeiten. Wir sollten etwa den taz-Moment von der Titelseite der Zeitung auf die Webseite übertragen oder temporäre thematische Schwerpunkte wie Sonderseiten im Blatt auch auf taz.de darstellen können. Wir sollten es aber auch jeden Tag schaffen, dass neue Leser*innen im Netz zu uns finden. Schließlich sind unsere Kernthemen wie Feminismus, Migration oder Umweltschutz so aktuell wie vor 40 Jahren.

Der Report spielt aber auch mit neuen Ideen wie einer taz tinder App (links wischen heißt: gefällt mir) oder einem Hub Raum im sechsten Stock des künftigen taz-Gebäudes, in dem Projektteams innovative technische Antworten auf journalistische Fragestellungen suchen. Diesen Sommer zieht die taz in ihr neues Haus in der Berliner Friedrichstraße 21, wir werden 40 Jahre alt. Wir wollen aber nicht zur Ruhe kommen – wir haben viel vor.

Andere Medien wie die New York Times haben ebenfalls schon solche hausinternen Recherchen organisiert. Die waren häufig geheim, weil dabei mitunter Sachen zutage treten, die nicht nur schmeichelhaft sind, vielleicht auch peinlich. Transparenz ist aber unser Prinzip, wir haben nichts zu verbergen. Im Gegenteil. Wir wollen über die Zukunft der taz diskutieren – mit unseren Eigentümer*innen, unseren Genoss*innen, mit unseren Le­ser*innen und natürlich mit allen Mitarbeitenden. Alle im Report genannten Maßnahmen sind die Grundlage für die nun beginnende gemeinsame Diskussion im Haus und noch keineswegs beschlossene Sache. Auf der Webseite des Reports kann deshalb unter jedem Abschnitt kommentiert werden. Die taz ist ein Gemeinschaftsprojekt, lasst sie uns gemeinsam gestalten.