Esther Slevogt
betrachtet das Treiben
auf Berlins Bühnen
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Es ist Ostern, und vielleicht fällt einem nicht unbedingt als erstes ein, ins Theater zu gehen. Andererseits: Jetzt wäre wenigstens einmal Zeit. Zum Beispiel, sich in der Schaubühne Milo Raus erstaunlichen Inszennierung „Lenin“ anzusehen. Mit Ursina Lardi in der Titelrolle. Immerhin ist Ostern das Fest der Auferstehung! Und Wiederauferstehung feiern am Lehniner Platz nun sogar gleich drei Helden der Russischen Revolution: nämlich Lenin, sein Überwinder und Nachfolger Stalin und der große Trotzki, der die Rote Armee gegründet hat und dann trotzdem mit einer Spitzhacke im Schädel starb. Und zwar in Mexiko, wohin er vergeblich vor Stalins Hass geflüchtet war. Im Theater werden sie jetzt alle reenactet, wie wiederauferstehen in der Theatersprache heißt. Die Zuschauer*innen können sich noch einmal selbst ein Bild davon machen, wie es 1924 war, als Lenin starb: in seinem Haus in Gorki, wo das Politbüro der KPdSU den von mehreren Schlaganfällen gezeichneten Revolutionsführer von der Öffentlichkeit abgeschirmt hielt. Nun darf sie endlich hin, die Theateröffentlichkeit und noch einmal teilhaben an Lenins letzten Tagen, bevor er für die Ewigkeit präparierte wurde und so noch immer an den Kremlmauer zu besichtigen ist. Als einbalsamierte Mumie, die aussieht als schlafe sie nur (Schaubühne: 29. 3., & 4. 4., 20 Uhr, 30. & 31. 3., 18 Uhr).

Die Geschichte von Fidelio hat es ebenfalls in sich. „Fidelio“,das ist die einzige Oper von Ludwig van Beethoven. Darin wird ein gewisser Florestan, der unschuldig in Kerkerhaft geraten ist, von seiner Frau Leonore gerettet. Die wiederum hat sich zu diesem Zweck als Mann in den Kerker eingeschlichen. Und zwar unter dem Namen Fidelio. Das Musiktheaterkollektiv „Hauen und Stechen“ hat das berühmte Werk nun bearbeitet und zeigt es als deutschen Albtraum in vier Folgen in den Sophiensælen (Sophiensæle: „Fidelio, ein deutscher Alptraum in vier Folgen“, ab 4. 4., 20.30 Uhr).

Wer noch einmal die Komödie am Kurfürstendamm besuchen möchte, der muss sich beeilen. Noch bis zum 14. April wird an diesem Ort gespielt, und zwar die sehr ernste Komödie „Die Niere“. In dem Stück von Stefan Vögel, der sich einiges bei der großen französischen Kollegin Yasmina Reza abgeschaut hat, spielt unter anderem der Darsteller des Berliner Extatortkommissars Till Ritter, Dominic Raacke, eine Hauptrolle. Wenn das Stück abgespielt ist, wird das Theater abgerissen, dessen Interieur mit seiner Art-Deco-Interpretation verschnörkelter Rokoko-Eleganz stets einen sehr eigenen Charakter hatte (Komödie am Kurfürstendamm: „Die Niere“, Di-Sa 20 Uhr, So 18 Uhr).