heute in bremen
: „Alte Migranten haben oft wenig Geld“

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Gudrun Münchmeyer-Eliş, 61, leitet in Gröpelingen die Kontaktstelle für ältere MigrantInnen des Zentrums für Migranten und Interkulturelle Studien.

Interview Jean-Philipp Baeck

taz: Frau Münchmeyer-Eliş, Sie sagen, GastarbeiterInnen der ersten Generation werden zu wenig wahrgenommen. Woran liegt das?

Gudrun Münchmeyer-Eliş: Die Leute machen keine Probleme. In der Öffentlichkeit kann man nicht so spektakulär über ältere MigrantInnen berichten wie über junge Leute, bei denen etwas passiert.

Dass ältere MigrantInnen nicht auffallen, kann ja darauf hinweisen, dass sie gut integriert sind und muss nicht unbedingt etwas Schlechtes sein. Warum wünschen Sie sich mehr Aufmerksamkeit für diese Bevölkerungsgruppe?

Ältere Migrantinnen und Migranten haben spezielle Bedarfe und Bedürfnisse. Es wird viel darüber gesprochen, dass Altenhilfeträger sie als neue Kundengruppe gewinnen wollen.

Da geht es um „interkulturelle“ oder „kultursensible“ Altenpflege?

Ja. Das ist ein wichtiger Bereich. Aber es ist schwierig, ältere Migrantinnen und Migranten zu erreichen. Ein anderer Punkt ist, dass viele ältere MigrantInnen, vor allem aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien, deutlich weniger Geld haben als die Durchschnittsbevölkerung. Und diese Altersarmut betrifft vor allem die Frauen.

Woran liegt das?

Vortrag und Diskussion: „Mitmischen! Die erste Generation der ‚Gast­arbeiter*innen‘ in Bremen macht sich sichtbar“, 17 Uhr, Zentralbibliothek, 2. OG, Am Wall 201

Die meisten Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter haben in Deutschland angefangen zu arbeiten, als sie schon Mitte 20 waren. Es fehlen ihnen Jahre. In die Rentenversicherung haben sie weniger eingezahlt als andere Erwerbstätige. Frauen haben oft nur in prekären Arbeitsverhältnissen gearbeitet und so heute noch weniger Rente.

Wie ließe sich die Teilhabemöglichkeit älterer MigrantInnen ausweiten?

Wenn man etwa die Teilhabe an kulturellen Angeboten erweitern will, muss man berücksichtigen, dass viele sich das aus den genannten Gründen nicht leisten können. Dann muss man mit den Leuten sprechen und nicht neue Konzepte ohne sie entwickeln. Um ihr Vertrauen zu gewinnen, brauchen Begegnungsstätten mehrsprachige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem eigenen Migrationshintergrund. Es gibt viele Beispiele von Migranten, die andere ältere Migranten unterstützen. Die Juristin Zeynep Sümer, die auch heute vortragen wird, ist zum Beispiel im Vorstand der Seniorenvertretung in Bremen. Es ist wichtig, dass solche Beispiele wahrgenommen werden.