Kommentar Vollverschleierung: Helfershelfer der AfD

Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes fordert ein Verschleierungsverbot. Damit stärkt sie die Scheindebatte der Rechten.

Eine Frau in Afghanistan trägt eine Burka

Einer Frau mit Burka begegnet man in Deutschland nur selten Foto: dpa

Wer sich für Frauenrechte einsetzen will, hat die freie Auswahl: Frauen können noch immer nicht selbst darüber bestimmen, was im Fall von ungewollten Schwangerschaften mit ihnen passiert, sie verdienen rund ein Viertel weniger als Männer, und jede Dritte erfährt im Lauf ihres Lebens körperliche oder sexualisierte Gewalt.

Nun möchte Terre des Femmes ein Problem abschaffen, das nicht sonderlich weit oben auf der Liste der Dringlichkeiten steht. Die Frauenrechtsorganisation will die Vollverschleierung verbieten. Dabei hat sogar der Bundestag jüngst festgestellt, dass solche Schleier „hierzulande eher selten“ anzutreffen sind. Es gibt also faktisch keinen Grund, sie zu verbieten.

Es sei denn, es geht eigentlich gar nicht um Frauen. Erst im Februar hat die AfD einen eigenen Antrag auf das Verbot von Vollverschleierung eingebracht. Nun begründen sowohl die Partei als auch Terre des Femmes ihre Vorstöße mit Frauenrechten. Die Sache ist nur: Wenn ein Problem keines ist, wird eine Scheindebatte geführt, um im Hintergrund etwas anderes zu verhandeln. Den Islam zum Beispiel, Geflüchtete und MigrantInnen. Auf dieser Strategie gründet der Erfolg der AfD.

Dass die Frauenrechtsorganisation sich im selben Atemzug, in dem sie das Verschleierungsverbot fordert, von der AfD zu distanzieren versucht, ist im besten Fall blauäugig. Das rückwärtsgewandte Frauenbild der Partei teile man nicht, heißt es, man wende sich gegen Extremismus, und auch die Diskriminierung von Frauen durch die Kirche lehne man ab.

Aber auch Terre des Femmes weiß, dass Debatten in bestimmten Kontexten geführt werden. Das Problem in Deutschland ist nun mal nicht, dass gegen die katholische Kirche mobil gemacht wird – sondern dass sich antimuslimische Ressentiments und immer weiter nach rechts driftende Positionen überbieten. Wer diese ohne jede Not verbreitet, legitimiert sie. Terre des Femmes macht sich zum Helfershelfer – nicht der Frauen, sondern der AfD.

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war Chefin vom Dienst in der Berlinredaktion, hat die Seite Eins gemacht und arbeitet jetzt als Redakteurin für Geschlechterpolitik im Inland. 2019 erschien von ihr (mit M. Gürgen, S. am Orde, C. Jakob und N. Horaczek) "Angriff auf Europa - die Internationale des Rechtspopulismus" im Ch. Links Verlag. Im März 2022 erscheint mit Gesine Agena und Dinah Riese "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.

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