Radikaler Wechsel
in anderthalb Tagen

Vor dem Davis-Cup-Duell gegen Spanien scheitert der deutsche Tennisprofi Alexander Zverev im Finale von Miami. Das verkompliziert die Lage

Aus Miami Doris Henkel

Zu gern hätte sich Alexander Zverev mit einem anderen Gefühl von Key Biscayne verabschiedet, aber auf den Siegerfotos am Crandon Beach war der andere mit dem gläsernen Pokal im Arm zu sehen, John Isner. Der Amerikaner erlebte die zweite Hälfte dieses Tages mit großer Freude, und mehr als nur einmal wirkte er gerührt. Mit knapp 33 Jahren den wertvollsten Titel der Karriere zu gewinnen mit diesem Sieg nach längerer Pause unter die Top Ten des Tennis zurückzukehren, das war ein ziemlich starkes Stück. Und das fand auch Zverev, bei aller Enttäuschung über die Niederlage (7:6, 4:6, 4:6). „Natürlich bin ich nicht glücklich, wenn ich verliere“, sagte er. „Aber wenn ich schon verliere, dann freue ich mich für John, dass er den ersten Masters-Titel gewonnen hat.“

Er wusste, dass er die Chance auf seinen dritten Titel bei einem Masters-Turnier nach den Siegen im vergangenen Jahr in Rom und in Montreal aus den Händen gegeben hatte. Isner hatte bis zum Stand von 4:4 im zweiten Satz nicht allzu gut gespielt, und er selbst hätte die Dinge mit ein wenig mehr Entschlossenheit früher in seine Richtung lenken können. Aber im Gegensatz zu den überzeugenden Auftritten in den Runden zuvor machte er an der Grundlinie keinen sicheren Eindruck. Das letzte Aufschlagspiel des zweiten Satzes präsentierte er Isner quasi auf dem Silbertablett, der nahm dankend an und wirkte danach wie ausgewechselt; am Ende war der Amerikaner der bessere Mann.

Heute wird Zverev in Valencia ankommen, wo die deutsche Mannschaft am kommenden Wochenende im Davis Cup gegen Spanien spielen wird. Die Mitstreiter – Philipp Kohlschreiber, Jan-Lennard Struff, Maximilian Marterer und Tim Pütz – sind schon seit Tagen in Valencia versammelt, Montag trainierten sie zum ersten Mal in der Stierkampfarena mit ihren 8.000 Plätzen.

Zum ersten Mal seit zwei Jahren gehört Rafael Nadal wieder zur spanischen Mannschaft, und es gehört zu den spannendsten Fragen dieser Woche, ob er schließlich im Einzel oder im Doppel oder gar nicht spielen wird. Seit seiner Aufgabe im Viertelfinale der Australian Open Ende Januar plagt er sich mit einer Verletzung des rechten Hüftbeugers, die kurz vor einem Auftritt beim Turnier in Acapulco Ende Februar wieder aufgeflammt war. Danach hatte er die geplanten Starts in Indian Wells und Miami abgesagt, um sich danach halbwegs ausgeruht auf die Sandplatzsaison vorbereiten zu können. Aber auch der Rest der Mannschaft ist stark. Carreño Busta steht auf Platz 12 der Weltrangliste, Roberto Bautista Agut auf 17, Feliciano Lopez auf 31 und Routinier David Ferrer auf 33 – mithin einen Platz vor dem Zweitbesten im deutschen Team, Philipp Kohlschreiber.

Die Herausforderung für Alexander Zverev könnte nicht viel größer sein. Eine frühere Niederlage in Miami hätte ihm mehr Zeit zum Training in Valencia beschert, mit dem Titel in der Tasche wäre er vermutlich in besserer Stimmung angekommen – die Niederlage im Finale war also in gewisser Weise die undankbarste Lösung. Die Kombination hat es nun wirklich in sich: Der Wechsel von den amerikanischen Hartplätzen zum europäischen Sand, sechs Stunden Zeitunterschied, ein ganz anderer Wettbewerb in einer komplett anderen Umgebung. Er selbst sieht die Sache so: „Mittwoch werde ich trainieren, Donnerstag nicht allzu viel. Das macht anderthalb Tage Training auf Sand, um gegen einen Gegner aus den Top 20 zu spielen. Ich denke nicht, dass ich da der Favorit sein werde.“ Eines steht derweil allerdings fest: Angesichts der ungewissen Zukunft im Davis Cup – über die umstrittenen Reformpläne des Internationalen Tennisverbandes (ITF) wird im August abgestimmt – haben die weiteren Spiele dieses Jahres eine spezielle Bedeutung. Denn noch weiß keiner, ob es die letzten in der klassischen Form dieses großen Wettbewerbs sein werden.