die dritte meinung
: Unfaire Handelspraktiken im Lebensmittelhandel gehören verboten, sagt Franziska Humbert

Franziska Humbert

ist Referentin für soziale Unternehmensverantwortung bei Oxfam Deutschland und hat mehrere Studien zur Verantwortung von Supermärkten für Arbeitsbedingungen in globalen Lieferketten im Fruchtsektor verfasst.

Am Donnerstag hat die EU-Kommission nach jahrelangem Prüfen und Abwarten endlich einen Richtlinien­entwurf zum Verbot unfairer Handelspraktiken im Lebensmittelhandel vorgelegt. Das sind gute Nachrichten für Arbeiter und Arbeiterinnen, Kleinbäuerinnen und Kleinbauern weltweit, die für europäische Supermärkte Lebensmittel herstellen. Bisher waren sie stets die Leidtragenden, wenn Supermarktketten sich den Lebensmittelhandel nach ihren Wünschen zurechtschnitzten und Herstellern unfaire Bedingungen in die Verträge diktierten.

In Deutschland teilen vier große Ketten (die Aldi-Gruppe, die Schwarz-Gruppe mit Kaufland und Lidl, die Edeka-Gruppe und die Rewe-Gruppe) satte 85 Prozent des Lebensmitteleinzelhandels unter sich auf. Sie sind das Nadelöhr zwischen Produzenten und Millionen von Verbrauchern und können gegenüber ihren Lieferanten Preise und Vertragsbedingungen bestimmen. Egal wie niedrig, egal wie unfair.

In unserer Studie zu Wein aus Südafrika haben wir herausgefunden, dass Kosten für Werbemaßnahmen und Rabattaktionen meist nicht aus dem Marketingbudget der Supermärkte, sondern von den Herstellern bezahlt werden. Um ins Sortiment aufgenommen zu werden, müssen Produzenten zudem oft eine Listungsgebühr für ihre Produkte entrichten, bei südafrikanischen Weinen zum Teil bis zu 28 Prozent des Einzelhandelspreises. Beide Praktiken sollen durch den neuen Entwurf künftig verboten werden, ein wichtiger, längst überfälliger Schritt. Zudem schützt der vorliegende Gesetzgebungsvorschlag die Interessen der Kleinen gegen die Großen: Kleine und mittelständische Produzenten auch aus Nicht-EU-Mitgliedsstaaten sollen anonym Beschwerde einreichen dürfen, wenn ihre Abnehmer verbotene Handelspraktiken einsetzen.

Allerdings ist die Liste der unfairen Handelspraktiken, die verboten werden sollen, kurz und unvollständig, hier besteht Verbesserungsbedarf. Trotzdem – der Entwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung, denn Ausbeutung hat in unserem Essen nichts zu suchen.