„Worscht und Woi“ statt Bibelturm

Die Stadt Mainz wollte ihr Gutenberg-Museum erweitern. Jetzt scheiterte der Bau in einer Volksabstimmung

Von Christoph Schmidt-Lunau, Frankfurt am Main

Die Bürger*innen der Stadt Mainz haben am Sonntag mit großer Mehrheit (77,3 Prozent) die geplante Erweiterung des Gutenberg-Museums durch einen 20 Meter hohen „Bibelturm“ gekippt. Das umstrittene Bauwerk, in dem nach dem Willen der Stadtverordneten die Gutenberg-Bibeln und die bedeutendsten Handschriften des Museums zeitgemäß präsentiert werden sollten, ist damit gescheitert.

Der geplante keilförmige Bau mit einer modernen Fassade aus zusammengesetzten Bronzelettern, eine Anspielung auf Gutenbergs epochale Erfindung, kam offenbar beim Publikum nicht an. Außerdem wäre für den Neubau ein Teil des Platzes verloren gegangen, auf dem die Mainzer*innen jeden Samstag zum traditionellen Marktfrühstück bei „Weck, Worscht und Woi“ (Brötchen, Wurst und Wein) zusammenkommen.

Oberbürgermeister Michael Ebeling, SPD, wollte die Schlappe beim Bürgerentscheid nicht persönlich nehmen. „Das war eine Sach- und keine Richtungsentscheidung“, sagte er. Er versprach, einen neuen Anlauf zur Erneuerung zu nehmen und bat um Hilfe von Bund und Land.

Das „Weltmuseum der Druckkunst“ ist nach wie vor ein rein kommunales Museum. Der Investitionsbedarf überfordert das Budget der hoch verschuldeten Landeshauptstadt. Mit dem Projekt „Bibelturm“ wollte die Verantwortlichen einen modernen Erweiterungsbau mit Geldern finanzieren, die eigentlich allein für die Ertüchtigung des Brandschutzes und der Klimatechnik vorgesehen waren. Für die Turm-Gegner*innen wurde dies zu einem schlagenden Argument.