Neulich im Global Village

A Hawk and a Hacksaw aus Neumexiko mit Balkanmusiken im Neuköllner Arkaoda

Musik, die selbst den Indierock-Fans neue Welten aufschließen kann

Von Thomas Mauch

Eine Band aus Neumexiko, die sich vor allem um die Tradi­tions­pflege von Balkanmusiken kümmert und in einem Neuköllner Club spielt, der wiederum ein Ableger einer Einrichtung ist, die ihren Stammsitz in Istanbul, präzise in Kadıköy, dem asiatischen Teil der Stadt, hat. Ein kreuz und quer über die Welt gespanntes Beziehungsgeflecht. Das ist doch wohl so eine Botschaft aus dem Global Village.

Arkaoda heißt der Club am Karl-Marx-Platz, vor wenigen Wochen erst wurde er eröffnet. „Arkaoda“ übersetzt sich mit „Hinterzimmer“. Der Konzertraum allerdings ist im Kellergeschoss, fein eingerichtet mit einer idealen Größe für einen Club. Etwa 300 Menschen würden hier Platz finden.

So viel sind dann aber an diesem frühlingshaft lauen Dienstagabend, an dem ja auch noch ein Halbfinalkick um den DFB-Pokal ausgetragen wurde, nicht gekommen. Zuerst spielten als Berliner Beitrag zu dieser Global-Village-Geschichte F.S. Blumm und Jeff Özdemir mit Gitarre, Bass und etwas Schlagwerk einige unaufdringliche Lieder. Die waren durchsetzt mit experimentellen Klangklimpereien, mit Zäsuren und Ecken, um die die Lieder erst mal swingen mussten. Was sie mit aller gebotenen Zurückhaltung doch taten.

So schafften die beiden das Kunststück, gleichzeitig sperrig und dabei geschmeidig genug zu sein in ihrer Musik mit einer eher verhaltenen Eingängigkeit.

Jedenfalls geraten diese Lieder kaum in die Gefahr, jemals bei einer Echo-Verleihung auf die große Bühne zu müssen. Wenn es denn überhaupt noch mal eine weitere Runde für diesen Musikpreis geben wird.

Nach einer erfrischend kurzen Umbaupause war schon die Bühne für A Hawk and a Hacksaw bereitet, ein Duo aus Neumexiko. Heather Trost spielt Geige, Jeremy Barnes Hackbrett und Akkordeon.

Als „beste Bar“ in Istanbul würdigte Barnes bei seiner ­Begrüßung das dortige Arkaoda und freute sich, dass es das nun auch in Berlin gibt.

A Hawk and a Hacksaw machen eine die unterschiedlichsten Folkloren aufgreifende Rumtreibermusik. Das Duo kennt sich dabei durchaus mit der – von Albuquerque aus gehört – gleich nebenan wohnenden mexikanischen Mariachi-Musik aus. Vor allem aber spielen sie Musik, die auf den Folkloren des Balkan basiert, mit einer Verlängerung der Reiserouten in den türkischen und arabischen Raum hinein. Schwermütiges, sehnsuchtsvolle Melodien und rhythmisch scharf Agitiertes, Polkas und Krummtaktiges, alles mindestens kompetent und meist mitreißend ausgespielt für ein globales Dorf, das aber keineswegs ein folkloristischer Musikantenstadl sein will.

Wer möchte, kann da dennoch mal eine Seminarstunde lang über cultural appropriation diskutieren, darüber also, was es mit so einer kulturellen Aneignung auf sich hat. Besser aber hörte man den Auftritt von A Hawk and a Hacksaw doch als Anregung, auch mal auf den Flohmärkten den meist billig ausgepreisten Balkanton-, Electrecord- oder Qualiton-Platten ein Herz zu schenken, mit den ganzen Folk­loreensembles aus Bulgarien, Rumänien und Ungarn.

Musiken, die selbst den Indierock-Fans neue Welten aufschließen können. Indierocker war ja auch Jeremy Barnes mal. Er trommelte einst bei der US-Band Neutral Milk Hotel.

Dass diese Aneignung der Balkanfolkloren (und darüber hinaus) allemal eine Herzensangelegheit von A Hawk and a Hacksaw ist, das war bei dem feinen Konzert im Arkaoda stets zu hören. Und dass die Stränge auch fortgeführt werden in einer Einverleibung, Weiteres aufnehmend, und – wenn man so will – Eigenes einarbeitend. Was sich schön hörte, wenn da mal zwischendurch in bester Singer-Songwriter-Tradition einfach auf Englisch gesungen wurde. Es passte wunderbar.