Barbara Dribbusch über Jens Spahns Pläne für die Krankenkassen
: Gefährliche Versprechen

Wenn es um Ankündigungen zur Gesundheitsversorgung geht, fühlt man sich wie in einer Berg-und-Tal-Bahn auf dem Rummel. Es geht rauf und runter. Da wird der Pflegenotstand in Krankenhäusern beschworen, der Ärztemangel auf dem Land beklagt. Gleichzeitig verspricht Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Beitragssenkungen der Krankenkassen. Die Kassen sollen ihre Milliardenpolster abschmelzen. Die paritätische, also hälftige Finanzierung des Zusatzbeitrags durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer soll kommen. Das bedeutet, die Kassenbeiträge werden für die Beschäftigten um ein paar Euro billiger.

Das ist natürlich erfreulich, aber man stellt sich die bange Frage, wie das eigentlich zusammengeht, die Entlastung der Beitragszahler und die Verbesserungen, die es doch geben soll. Mit der Rückkehr zur hälftigen Finanzierung durch die Arbeitgeber erfüllt Spahn eine Forderung der SPD. Die Beitragsbelastung wird von den Beschäftigten zu den Arbeitgebern verschoben, und trotzdem haben die Krankenkassen dadurch nicht weniger Einnahmen. Das ist zu begrüßen. Gefährlich aber ist Spahns Vorstoß, von den Krankenkassen zu verlangen, ihre Rücklagen abzuschmelzen und mit dem Geld die Zusatzbeiträge zu senken. Davon würden auch die Arbeitgeber profitieren, die dann ja hälftig beteiligt wären.

Die Finanzpolster der Kassen anzugreifen ist fahrlässig. Spahn weckt damit Hoffnungen auf eine grundsätzliche Beitragssenkung im Gesundheitsbereich, die in einer alternden Gesellschaft nicht zu erfüllen sind. Vielmehr werden alle, Arbeitgeber und Beschäftigte, mehr zahlen müssen: weil in einer alternden Gesellschaft der Bedarf an Gesundheitsleistungen zunehmen wird und weil die Personalausstattung und Bezahlung in Krankenhäusern und Heimen sowie die Arztversorgung auf dem Land verbessert werden müssen.

Jede Entlastungsrhetorik ist daher unverantwortlich. Das Versprechen, alle zu entlasten, gefährdet das höchste Gut im Sozialstaat: die Beitragsbereitschaft. Die ist eigentlich recht hoch – wenn man den Menschen dafür Versorgungssicherheit verspricht. Denn nicht, dass man ein paar Euro mehr zahlen soll, weckt Ängste, sondern die Furcht, im Krankheitsfall nicht richtig versorgt zu werden.

In der vergangenen Legislaturperiode sagte die Große Koalition zu, dass die Pflegeversicherungsbeiträge bis 2022 nicht mehr steigen würden. Spahn musste dieses Versprechen revidieren; er hat angekündigt, dass die Beiträge für die Pflege steigen werden, in einer Fernsehtalkshow, ganz nebenbei. Es war ein seltener ehrlicher Moment.Zum Thema