Rote Flora bleibt da

Künstliche Debatte über die Zukunft angestoßen

Von Kai von Appen

Die Rote Flora sorgt in Hamburg selbst dann für Schlagzeilen, wenn das seit 1989 besetzte autonome Zentrum eigentlich gar keine Schlagzeilen macht. Zumindest dann, wenn die Medien die Debatte über die Zukunft der Flora anzuheizen versuchen, um so auch der CDU erneut Anlass zu bieten, ihre gebetsmühlenartigen Räumungsforderungen zu wiederholen.

„Bürgermeister Tschentscher gibt Rote Flora Bestandsgarantie“, titelte die Hamburger Morgenpost (Mopo) am Mittwoch auf Basis einer Aussage von Hamburgs neuem Bürgermeister, eben diesem Peter Tschen­tscher (SPD), deren Haltbarkeitswert analog gleich null sein dürfte. Tschentscher soll auf einer belanglosen Veranstaltung im neuen Hamburger Hotel Fontenay geäußert haben, man solle beim Thema Rote Flora nicht „zündeln“. Die Stadt habe sich mit dem besetzten Kulturzentrum im Schanzenviertel „schon fast versöhnt – bis zum G20-Gipfel“ im vergangenen Juli. „Die G20-Krawalle haben diesen Rückfall gebracht, und das müssen wir jetzt überwinden“, sagte der Bürgermeister. Solchen alternativen Kultur­einrichtungen stehe die Stadt durchaus offen gegenüber.

Zu Recht weist die Mopo darauf hin, dass der rot-grüne Senat noch wenige Tage vorher die Rote Flora für die Ausschreitungen beim G20-Gipfel mitverantwortlich machte – was nicht mal Hamburgs Polizeipräsident Ralf Meyer behauptet. „Es hat Äußerungen aus der Flora gegeben, die nicht vertretbar sind“, hatte Tschentscher der Mopo gesagt und war da noch auf Linie seines Amtsvorgängers Olaf Scholz (SPD), der der Roten Flora nach den Ausschreitungen während des G20-Gipfels im vergangenen Juli in Hamburg heftige Konsequenzen angekündigt hatte.

Nun hat Tschentscher es sich offenbar anders überlegt und die CDU reagierte prompt auf die Steilvorlage. „Einen rechtsfreien Raum, einen Hort des Linksextremismus, dann noch gefördert mit Steuermitteln, den darf es in unserer Stadt nicht länger geben“, polterte CDU-Fraktionschef André Trepoll. Dem Bürgermeister warf er „eine 180-Grad-Kehrtwende“ vor. „Die Rote Flora darf keine Zukunft in Hamburg haben.“

Altbekannter Schlagabtausch ohne neue Substanz. Etwas gedämpfter griffen daher die Springer Blätter Bild und Welt das Thema auf und beauftragten das Meinungsforschungsinstitut Forsa mit einer repräsentativen Erhebung zur Zukunft der Flora. 56 Prozent der Hamburger sind für den Erhalt der Flora. Flora-Unterstützer finden sich demnach vor allem in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen, von denen 66 Prozent das Autonomen-Zentrum erhalten möchten. Räumungsbefürworter sind vor allem Anhänger von CDU und AfD. Auch das sind eigentlich keine News. Aber die Debatte ist wieder ohne Substanz fortgeführt worden.