das ding, das kommt
: Solidarität und Sonnenschutz

Taucht in den alten, heiligen Schriften nicht auf – und trotzdem weist die Kippa fast immer aufs Judentum ihres Trägers hin Foto: ArtProf/Wikimedia Commons

So richtig überraschend waren die Nachrichten nicht, in denen sie jüngst auftauchte, die mal gehäkelte, mal gewebte, mal aus Leder gefertigte Kopfbedeckung: Da trug neulich einer, gar kein Jude, wie sich herausstellte, so eine Kippa durch Berlins Mitte – und wurde Opfer eines Angriffs, eindeutig gerichtet gegen sein vermeintliches Jude-Sein; alles Weitere entnehmen Sie der Weltpresse.

Dass es jenes Antisemitismus nachweisenden Berliner Experiments – denn ein solches hatte der Angegriffene ja durchführen wollen – nicht bedurft hätte, schrieb sinngemäß, auch neulich, in der Bremer taz-Ausgabe der dortige Landesrabbiner Nataniel Teitelbaum: „Die meisten Juden tragen auch heute draußen keine Kippa.“ Und er wunderte sich, denn, gleichzeitig mit solcher frisch begründeten Vorsicht, kämen ja andere „zu einer solidarischen Demo, tragen Kippa und freuen sich“.

Ende April war es, da wollten Tausende in Berlin sich solidarisch zeigen mit allen tatsächlichen oder potenziellen Opfern judenfeindlicher Attacken: Sie setzten sich auch so eine kreisförmige Kappe auf, im öffentlichen Raum, aber wohl doch unter ziemlich anderen Bedingungen, als sie normal zu nennen wären. Aber so ist das vielleicht auch einfach mit solchen symbolischen Handlungen.

Auch in mehreren anderen Städten war zum demonstrativen Aufsetzen mobilisiert worden. Ein solcher Kippa-Tag ist kommende Woche nun auch in Frankfurt am Main angekündigt – und in Hamburg: Die „Freunde der Jüdischen Gemeinde“ rufen für Mittwochnachmittag dazu auf, ein Signal dafür zu setzen, „dass unsere Stadt zu unseren jüdischen Mitbürgern steht, so wie zu allen, die hier in Frieden und gegenseitigem Respekt miteinander leben“, und gesetzt werden soll dieses Signal an denkbar neuralgischer Stelle: Am Joseph-Carlebach-Platz, benannt nach dem letzten Hamburger Oberrabbiner, Joseph Zwi Carlebach (1883–1942) und, noch Bornplatz heißend, zwischen 1906 und 1940 Standort einer bedeutenden Synagoge.

Dort also, inmitten des lange jüdisch gepräg­ten Hamburger Grindelviertels, neben der seit einigen Jahren wieder im Betrieb befindlichen – und von der Polizei bewachten – jüdischen Grundschule, möchte man „im fröhlichen Miteinander“ gegen Antisemitismus demonstrieren – per Kopfbedeckung. Alexander Diehl

Mi, 14. 5., 17 Uhr, Hamburg, Joseph-Carlebach-Platz