Eddie Izzard ist wieder da

Ein Action-Transvestit und Komiker mit eiserner Disziplin sucht die bestmögliche Pointe

Von Heinrich Dubel

Da kommt er. Die Knie gebeugt, der Körper kippt nach vorne, die Schulter schwingen, drehen. Dieser unnachahmliche Gang, was ist das? Trippeln, schlurfen, stampfen? Nicht einfach, sich in diesen messerscharfen Overknee-Stiefeln auf 12-Zentimeter-Absätzen fortzubewegen. Eddie Izzard ist wieder da. Im Gesicht ein breitestmögliches Grinsen.

Sein aktuelles Programm heißt „Alles auf Deutsch“. Vor vier Jahren, als Izzard erstmals in Berlin gastierte, trug er ebenfalls in deutscher Sprache vor. Damals handelte es sich um eine Direktübersetzung seines Welttournee-Programms „Force Majeure“. Was er nun auf die Bühne des Quatsch-Comedy-Clubs bringt, ist neu, so neu, dass manches erst auf der Bühne entwickelt wird. Dabei ist er seinen Themen treu – Gott, Evolution, Krieg und Frieden unter besonderer Berücksichtigung der Geschichte Großbritanniens.

Izzard, der Atheist, lässt die Jungfrau Maria und Jesus, einen ausgemachte Stoner, zu Wort kommen. Dabei sind auch Heinrich VIII., Wilhelm der Eroberer und Donald Trump, über den Izzard nicht mehr zu sagen hat als „Covfefe“, jene rätselhafte Buchstabenreihung, mit der der US-Präsident einen seiner berüchtigten Tweets endete. „Covfefe“ ersetzt in der Performance öfters „Was der Fuck?“, mit der Izzard seiner Fassungslosigkeit über dieses oder jenes Ausdruck verleiht.

Izzards Deutsch ist besser geworden. Er traut sich, Witze in der ihm fremden Sprache zu machen. Manchmal erzählt er einen Witz dreimal. Bis er passt. Dieses Sich-an-die-bestmögliche-Pointe-Ranarbeiten ist anrührend und auf eigenartige Weise komisch. ­Izzard ist ein gut strukturierter Irrer, dessen „Bewusstseinsstrom“ sich hier einen Lauf sucht, dort ausufert und woanders zu einer Flut wird, die alles mitreißt.

Das führt bisweilen zu einem Rauschen. Oder einem Rausch, so er minutenlang einen Dialog zwischen dem Charakter Steve Jürgen und einem Affen führt, der zunehmend ins Nonverbale gleitet. Izzard produziert Geräusche, die wie Wörter klingen, und Wörter, die nur Geräusche sind. Er spricht über eine Theorie des Universums, Vorstellung und Angst. Es geht um Sprache, Bedeutung, was davon verloren gehen kann. Das alles ist surreal, wunderlich, verrückt und springt von einer Metaebene zur nächsten.

Izzard wusste angeblich schon im Alter von vier Jahren, dass er eine Transgender-Person ist. Außer in seiner Kleidung, dem Make-up und gelegentlichen Anspielungen wird dies auf der Bühne nicht weiter thematisiert. Izzard taumelt, trippelt, schlurft und kickt über die Bühne, ein „Action-Transvestit“, wie er bei Gelegenheit sagt, der gern in Highheels aus einem Flugzeug springen würde. Auf der Eliteschule war er Mitglied im Kadettencorps, träumte von einer Karriere beim Militär, am besten in einer Spezialeinheit.

Stattdessen wurde er Komiker, der, den John Cleese den „verlorenen Python“ nannte. Izzard ist ein Besessener mit eiserner Disziplin. 2009 lief er 43 Marathons – in 51 Tagen. Eddie Izzard, für den der Brexit ein „schlimmen Fehler“ ist, will sich bei den nächsten Wahlen als Kandidat für einen Sitz im britischen Parlament aufstellen lassen, für die Labour-Partei.

www.quatsch-comedy-club.de/event/eddie-izzard-neues-programm-work-in-progress-25-april-2018/