Wien, Wien, nur du allein

Bremens Grüne wollen mit der Tram dem Österreicher Tarif-Modell folgen, bei dem eine Jahreskarte lediglich 365 Euro kostet – und plädieren für eine auto- oder emissionsfreie Innenstadt

„Für Bremen streben wir eine auto- oder emissionsfreie Innenstadt an“

Ralf Saxe (Grüne)

Von Benno Schirrmeister

Mit einem Konzept, um Bremens Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auszubauen und sozial verträglicher zu finanzieren, hat die Grünen-Fraktion einen Vorstoß in Richtung Wahlkampf gemacht. In einem bei der Fraktionssitzung am Montag einstimmig angenommenen Papier aus der Feder des Parteivorsitzenden Ralf Saxe, wird klar gemacht, dass es unter der Führung des Verkehrssenators Joachim Lohse (Grüne) zwar gelungen ist, den Anteil des öffentlichen Nahverkehrs von 14 auf 16 Prozent zu steigern. „Von den angestrebten 20 Prozent ist er allerdings noch ein Stück entfernt.“

Um das zu ändern, soll nach dem Willen der Grünen nicht nur die Attraktivität der City für Autoverkehre durch Abbau und Verlegung von Parkhäusern gemindert werden. Man strebe „eine auto- oder emissionsfreie Innenstadt an“, so das Konzept. Forcieren will man dafür den Ausbau der Elektrobus-Flotte. Vor allem aber nimmt Saxe die Stellschraube des Ticketpreises ins Visier – was der zum freiwilligen Abgang mit Ende der Legislatur gedrängte bisherige Senator Lohse geradezu tabuisiert hatte: Bremen mache die Tarife ja „nicht allein“, hatte er auf entsprechende Fragen angesichts der erneuten Anhebung der Ticketpreise beteuert. „Sie müssen so sein, dass die Aufrechterhaltung des Angebots wirtschaftlich darstellbar ist“.

Das Saxe-Papier geht nun von der Einschätzung aus, dass es „zu teuer“ ist, im Land Bremen mit Bus und Bahn unterwegs zu sein. Als Ad-hoc-Maßnahme regt es daher an, die Ticketpreise einzufrieren, um sie später auf einen Euro pro Tag abzusenken: „Wir wollen perspektivisch das Wiener Modell mit einem 365-Euro-Jahresticket einführen“, so die Ansage. Tatsächlich gilt das unter Verkehrsplanern als Erfolg: Österreichs Hauptstadt hatte 2012 den Preis für eine ÖPNV-Jahreskarte um fast 20 Prozent auf 365 Euro gesenkt.

Statt ein Loch in die Kassen der Verkehrsbetriebe zu reißen, haben die sogar fast 50 Millionen Euro per anno mehr eingenommen, ein Plus von zehn Prozent – weil die Zahl der Tickets sich verdoppelt hat. Für Beifall sorgte das Konzept beim Umweltverband BUND: „Ein Jahresticket nach Wiener Vorbild würde sicher auch hier viele motivieren, das Auto zugunsten von Bus und Bahn stehen zu lassen“, so dessen Geschäftsführer Martin Rode.