Erfolg, der aus den Nähten platzen lässt

Die Schulleitung und der Elternrat der Stadtteilschule Walddörfer wehren sich dagegen, gleich sieben fünfte Klassen aufzunehmen, weil es nicht genügend Räume gebe

Leidet unter ihrer Attraktivität: die Stadtteilschule Walddörfer Foto: Miguel Ferraz

Von Marco Carini

„Stadtteilschule Walddörfer, jeder Schüler ist willkommen!“, verheißt die Homepage der Schule am Ahrensburger Weg. Eine Botschaft, die die Schulbehörde sehr wörtlich nahm. Ohne mit der Schulleitung Einvernehmen zu erzielen, ja sie überhaupt zu informieren, nahm die Behörde so viele neue Fünftklässler für das im August beginnende Schuljahr an, dass nun sieben statt wie geplant sechs Parallelklassen eingerichtet werden müssen.

Die Schulleitung erfuhr nur durch Zufall davon, was in der Hamburger Straße, dem Behördensitz, über ihren Kopf hinweg entschieden wurde. Und das erst am 19. April, einen Tag bevor die Schulbehörde über 160 rechtsverbindliche Willkommensbriefe an die Eltern versendete, die ihre Kinder an der Schule angemeldet haben. Ein anschließender Widerspruch der Schulleitung lief deshalb ins Leere.

Eigentlich freut sich die Schule über den großen Zuspruch, klagen doch andere Stadtteilschulen über zu geringe Schülerzahlen. „Das ist eine schöne Bestätigung unserer Arbeit“, freut sich Schulleiter Michael Kraft. Doch den Alleingang der Schulbehörde muss die Schule nun ausbaden: „Die Zusatzklasse muss in der Lernwerkstatt untergebracht werden, die nun anderen Schülern nicht mehr zur Verfügung steht“, klagt Nicole Freckmann vom Elternratsvorstand. Schon jetzt fehle es an dringend notwendigen Differenzierungs- und Gruppenräumen und Klassen seien in Containern untergebracht. „Wir haben schon jetzt hier große Platznot“, sagt Schulleiter Kraft.

Eine Stufenfahrt für alle neuen Fünftklässler, die die Integration aller SchülerInnen in die Klassen- und Jahrgangsgemeinschaft erleichtern soll, musste jetzt abgesagt werden, weil die Kapazitäten der angemieteten Jugendherberge für sieben Klassen nicht ausreichen.

Kurz vor den Märzferien hatte die Schulbehörde bei der Schulleitung noch freundlich nachgefragt, ob die Aufstockung um eine Klasse organisatorisch machbar sei und ein klares Nein geerntet. Danach herrschte Funkstille, die Schulbehörde setzte sich klammheimlich über das Schulveto hinweg. „Es gibt kein Beteiligungsverfahren für die Schulen bei der Entscheidung, wie viele Klassen sie aufnehmen müssen“, bringt Schulleiter Michael Kraft es auf den Punkt. Und offensichtlich auch keine Informationspflicht.

Im kommenden Schuljahr wächst die Zahl der Fünftklässler im Vergleich zum Vorjahr in den Stadtteilschulen (plus 546) schneller als in den Gymnasien (plus 104).

Die Zahl der Neuameldungen liegt bei den Gymnasien mit 7.545 höher als bei den Stadtteilschulen (6.667).

Der Preis: Vorigen Sommer mussten 900 Sechstklässler die Gymnasien verlassen, weil sie den Anforderungen nicht genügten.

Zwar machte die Behörde der überlasteten Schule im Nachgang einige Lösungsvorschläge – neue Container an einem von den anderen fünften Klassen entfernten Standort oder eine Jahrgangsreise zu einem anderen Zeitpunkt zu einer anderen Unterbringung. Doch all diese waren aus praktischen Gründen für die Schule inakzeptabel.

Elternrätin Freckmann sieht nun „das Schulkonzept gefährdet“, denn die Schule sei eine „Schwerpunktschule für Inklusion“, ausgerichtet darauf, viele SchülerInnen mit Startnachteilen in den Schulalltag zu integrieren und zum Abschluss zu führen. Ohne Gruppen- und Differenzierungsräume sei ein solcher Lehransatz zum Scheitern verurteilt. „Die Not ist so groß, dass schon jetzt Sanitäranlagen umgebaut und tapeziert als pädagogische Flächen genutzt werden müssen und in der Folge nun sogar die Toiletten knapp werden“, sagt Elternratsmitglied Torsten Schütt.

Die Schulbehörde hingegen hält an ihrem Plan fest. Sie „besteht darauf“, wie Behördensprecher Peter Albrecht sagt, sieben Klassen einzurichten. Es wäre für die Zukunft der Stadtteilschulen, die lange unter schwindenden Annahmezahlen litten, „ein falsches Signal, wenn diese neu hinzugewonnenen Schülerinnen und Schüler nicht an ihren Wunschschulen eingeschult würden“. Mehr SchülerInnen bedeuteten zudem ein breites Lehrangebot; auch seien aus Sicht der Behörde an der Walddörfer-Schule genügend Klassenräume vorhanden.