Putin und die Helden der Sowjetunion

Mit einer Truppenparade erinnerte Moskau an den Tag des Sieges über den Hitlerfaschismus

Aus Moskau Klaus-Helge Donath

Für die Feier des 73. Tags des Sieges über den Hitlerfaschismus hatte Moskau wieder kräftig aufgefahren. 13.000 Soldaten und Kadetten marschierten in strahlendem Sonnenschein über den Roten Platz vorbei an Präsident und Ehrengästen. Präsident Aleksander Vučić aus Serbien und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu waren gekommen.

159 Kampffahrzeuge und 75 Flugzeuge ließ der Kremlchef vorführen. Darunter auch den Kampfjet Suchoi SU-57, der soeben den Jungfernflug über Syrien überstand. Der Suchoi ist die Antwort auf den US Jet F-22, der jedoch erst nächstes Jahr ausgeliefert wird.

Der Überschallabfangjäger MiG-31 mit dem neuen Raketensystem Kinschal wurde ebenfalls gezeigt. Wladimir Putin hatte das System im März bei seiner Rede vor der Duma als Wunderwaffe eingeführt, die „alle bestehenden und künftigen Abwehrsysteme überwinden“ könne. Drohnen und Minenräumroboter, die in Palmyra und Aleppo in Syrien zum Einsatz kamen, rollten ebenfalls über den Roten Platz.

Ansonsten blieb Präsident Putin im Rahmen der herkömmlichen Erzählungen: Die Alliierten tauchten nur schemenhaft am Rande auf. Die Sowjetunion habe den Ausgang des Krieges vor allem entschieden, sagte Putin. 73 Jahre nach Kriegsende gäbe es Kräfte, die versuchten, diese sowjetische Heldentat zu verfälschen oder zu leugnen. „Wir werden das nicht zulassen. Niemals“, betonte Putin.

Russland sei immer offen für Dialog, „wenn es um Fragen der weltweiten Sicherheit geht“, fuhr der Kremlchef fort. Auch die aktuellen Krisen erinnerten ihn an Symptome des Zweiten Weltkriegs: „Hinter den neuen Bedrohungen stecken die alten hässlichen Visagen: Egoismus, Intoleranz, aggressiver Nationalismus und der Anspruch auf Einzigartigkeit.“ Das war natürlich auf die USA und Verbündete gemünzt. Aber aggressiver Nationalismus war eine der Triebkräfte, die der Kreml förderte, um die Ukraine zu überfallen. Und Intoleranz herrscht innenpolitisch im Umgang mit allen Andersdenkenden und Andersfühlenden.

Es sind schon gewagte Kapriolen, die Moskau hinlegt. Von der antifaschistischen Kraft des Zweiten Weltkriegs ab 1941 schlüpft es nach der Besetzung der Ostukraine in die Rolle des Retters vor einem vermeintlichen Faschismus der Ukraine. Gleichzeitig unterhält der Kreml enge Kontakte zu den meisten rechtsradikalen und faschistischen Parteien Europas.

Millionen russische Bürger gehen am 9. Mai mit Porträts gefallener Verwandten auf die Straße. Die Aktion des Gedenkens – das „unsterbliche Bataillon“ – ist in den letzten Jahren sehr populär geworden.