Erdoğan im bosnischen Sarajevo: Türkei zuständig für Akkreditierungen

Wer über den Besuch Erdoğans im bosnischen Sarajevo berichten durfte und wer nicht, entschied eine türkische Organisation.

zwei Paare auf einer Bühne

Die Erdoğans und Itzetbegovics beim Kongress in Sarajevo Foto: dpa

Die türkische Botschaft in Bosnien und Herzegowina und die Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) müssten jetzt wohl erklären, warum einigen Journalist*innen die Berichterstattung über den Erdoğan-Besuch in Sarajevo verhindert wurde.

Die zivilgesellschaftliche Medienorganisation Balkan Investigative Reporting Network Bosnia and Herzegovina, kurz BIRN, forderte gestern zumindest von beiden Organisationen eine Stellungnahme ein. BIRN und einigen anderen Journalist*innen sei die Akkreditierung für die Berichterstattung systematisch verweigert worden, erklärten Sprecher der Organisation.

Schon am 7. Mai hatte die UETD, die den Besuch des türkischen Präsidenten in Sarajevo organisierte, auf Twitter bekanntgegeben, dass eine Ak­kreditierung für Journalist*innen notwendig sei und eine E-Mail Adresse angegeben, unter der sich die interessierten Medien melden sollten. Zafer Sırakaya, Präsident der UETD mit Sitz in Köln, erklärte gegenüber der Presse, seine Organisation sei ebenfalls eine NGO und habe keine direkten Verbindungen zu Erdoğan und seiner Partei.

Die Organisation, die in vielen Ländern Europas mit türkischer Einwanderungsbevölkerung aktiv ist, will jetzt nach Recherchen von BIRN auch in Bosnien eine Zweigstelle mit dem Namen „Union der Europäischen Balkan Demokraten“ errichten. BIRN entschloss sich, die Akkreditierung in Köln zu beantragen, sandte alle erforderlichen Dokumente ein, schickte Fotos der Journalist*innen und weitere Angaben über sie. Am 14. Mai bestätigte die UETD die Dokumente erhalten zu haben. Doch dann herrschte Stille. Am 18. Mai verschickte BIRN erneut ein E-Mail und fragte nach der Akkreditierung.

Der lange Arm der Erdoğan-Türkei

Erst am 19. Mai, einen Tag vor dem Besuch Erdoğans, antwortete Ezgi Azlan, Sekretär der Organisation, und forderte BIRN auf, die Prozedur zu wiederholen. Gleichwohl erklärte dann am 20. Mai die Verantwortliche für die Akkreditierung in Sarajevo, Lejla Demirbas, dass die Journalisten von BIRN nicht auf der Liste der akkreditierten Journalist*innen stünden.

„Ihr seid nicht auf der Liste und diese Liste ist durch die türkische Regierung, durch die Botschaft der Türkei, abgesegnet worden“, so Demirbas. Wie schon bei der Frage der Gülen-Anhänger zeigte sich, dass der lange Arm der Erdoğan-Türkei weit nach Bosnien hineinreicht. Die Institutionen der Gülen-Bewegung – ­Universitäten und Schulen – wurden vor zwei Jahren aufgelöst. Jetzt musste die bosnische Journalisten Vereinigung zugestehen, dass bosnische Institutionen bei der Organisation des Ereignisses unbeteiligt waren.

Der kanadische Journalist Michael Colborne wie auch andere Journalist*innen bemängelten, dass eigentlich bosnische Behörden über die Akkreditierung hätten entscheiden müssen, letztlich aber seien es türkische Organisationen gewesen. Bosnische Oppositionspolitiker und auch Stimmen aus der internationalen Gemeinschaft, so die Heinrich Boell-Stiftung, kritisieren das Vorgehen der türkischen Organisationen und forderten eine Erklärung von bosnischer wie auch von türkischer Seite.

Die oppositionelle multinationale Partei Nasa Stranka erklärte, auch an diesem Detail würde gezeigt, wie leicht die größte Partei der Bosniaken, die SDA unter Bakir Izetbegovic, bereit sei, Souveränitätsrechte gegenüber der Türkei aufzugeben.

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