Kurs-Crash, Verluste, Strafzahlungen, Kartellklage

Dem angeschlagenen Konzern bleibt nicht mehr viel Zeit, Vertrauen zurückzugewinnen

Von Anja Krüger

Und jetzt auch noch Australien: In Down Under droht die Verbraucherschutzbehörde der Deutschen Bank mit einer Kartellklage wegen Absprachen bei der Platzierung von Aktien. Die Bank bestreitet die Vorwürfe. „Wir werden uns zur Wehr setzen“, sagt ein Sprecher.

Die Serie der schlechten Nachrichten über das Flaggschiff des deutschen Kapitals reißt nicht ab. Drei Jahre in Folge mussten die Manager in den Frankfurter Zwillingstürmen Verluste melden, auch wegen Strafzahlungen in Milliardenhöhe in den USA und Europa. Das einst stolzeste aller Bankhäuser kommt nicht aus der Krise. Der Aktienkurs ist im Keller. US-Behörden haben drei amerikanische Tochtergesellschaften der Deutschen Bank als Problemfall mit möglicherweise lebensbedrohlichen Schwächen eingestuft. Die Rating-Agentur Standard & Poors hat die Bonität um eine Stufe auf BBB+ herabgestuft. „Die Deutsche Bank bleibt für einige Zeit ein negativer Ausreißer“, begründen die Analysten die Entscheidung. Auch die Ratingagentur Moody’s prüft eine Herabstufung.

Eine Senkung des Ratings ist heikel. Für die Bank wird es schwieriger, sich mit frischem Geld zu versorgen. Auch könnten besonders strenge Großkunden abspringen. In der Branche sind die Sorgen über die Zukunft der Deutschen Bank groß. Spekulationen über mögliche Fusionen machen die Runde, etwa über einen Zusammenschluss mit der Commerzbank. Zu deren Großaktionären gehört der deutsche Staat.

Im April hatte der DAX-Konzern den damaligen Vorstandschef, den Investmentbanker John Cryan, gefeuert und durch Christian ­Sewing ersetzt, der im klassischen Bankgeschäft groß geworden ist. Sewing will das Investmentgeschäft in den USA verkleinern, das für viele Probleme der Bank verantwortlich ist. Er will die Geschäftstätigkeit auf Europa konzentrieren. Die Zahl der Beschäftigten soll um 7.000 auf 90.000 sinken. Auf die Negativmeldungen reagierte die Bank mit einer kurzfristig anberaumten Aufsichtsratssitzung – zur Information. Direkte Maßnahmen seien nicht geplant, hieß es.

Mit einer Mischung aus Mitleid und Hoffnungslosigkeit blickt der Börsenexperte Stefan Müller, Chef der Deutschen Gesellschaft für Wertpapieranalyse, auf den Konzern. „Es ist dramatisch, dass ein Unternehmen wie die Deutsche Bank so heruntergewirtschaftet worden ist“, sagt er.

Ab 2020 könnten sich Sewings Maßnahmen positiv niederschlagen, erwartet Müller. Doch so viel Zeit habe die Bank nicht. „Ob Privatleute mit einem Sparbuch oder DAX-Konzerne: Die Kunden aller Couleur trauen der Bank nicht mehr“, sagt er. Dieser Vertrauenskrise müsse die Bank mit einem starken Signal begegnen: der Absetzung von Aufsichtsratschef Paul Achleitner. Der steht wie kein anderer für die Ausrichtung auf das Investmentbanking. „Die Deutsche Bank muss zeigen: Wir meinen es ernst mit einem Neuanfang“, sagt Müller.

Nachfolger sollte ein vertrauensvoller Kandidat wie ein amtierender oder ehemaliger Bundesbankchef werden, sagt Müller. Die Politik habe gute Gründe, sich einzumischen. Müller: „Die Krise der Deutschen Bank wird zur Krise des Finanzplatzes Deutschlands.“