Vom
Glück,
eine
unterm
Arm
zu
tragen

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Schreib was über das Glück, eine Wassermelone zu ­tragen, sagen die Kollegen. Über ihre feste Schale, an der die Finger abrutschen. Über die Art, wie das Messer durchs rote Fruchtfleisch gleitet; ein Fest der Farben, dieser saubere Schnitt.

Schreib über die seltsame Konsistenz im Mund: Essen, das kracht und zerfällt. Einfach zu Wasser wird. Dass es für jenes Obst, das ein Kürbisgewächs ist und damit eigentlich Gemüse, nur eine Jahreszeit gibt – die beste.

Die, in der es heiß wird. Wie es oh, so hot war, als Patrick Swayze mit bis zur Taille geöffnetem Hemd und Schweiß um den Adamsapfel in „Dirty Dancing“ zum ersten Mal sein Baby antanzte, dem nichts anderes zu sagen blieb als: „Ich habe eine Wassermelone getragen.“ Wie Babys Blick danach zu Boden geht – schüchtern, sich selbst verfluchend. Was habe ich eben gesagt?

Egal, es war der Beginn von etwas Großem. Etwas Wildem, Körperlichem. „Hungry Eyes“. Ihre Haut triefte wie ein Stück Melone.

Worauf also warten?

„Wollen Sie die wirklich?“, fragt die Verkäuferin an der Kasse, vor ihr liegt die Melone auf dem Band. Äh – ja. „Ist aber teuer. 2,29 Euro das Kilo. Und das sind mindestens sechs.“ Stimmt. Ja. „Ich muss die wiegen. Soll ich jetzt sechs Kilo auf die Waage wuchten?“ Bitte. Ja.

Dann liegt die 15-Euro-Melone in den Armen wie ein schwerer Stein. Unhandlich. Unübersehbar. Ein dicker Volleyball. Es ist Juni, eine trägt eine Wassermelone durch Kreuzberg und merkt dabei, wie glücklich das macht. Annabelle Seubert