Anne Haeming
Der Wochenendkrimi
: Von der Liebe des Krimiautors zum völkisch-nationalistischen Biobauernhofmilieu

Maul auf gegen rechts? Nein. Bukow (Charlie Hübner) und König (Anneke Kim Sarnau) nehmen eine Speichelprobe des Verdächtigen Jandali (Atheer Adel) Foto: Christine Schroeder/NDR

Anfang des Jahres hat das WDR-Politikmagazin „Monitor“ eine Untersuchung gestartet. Die Redaktion wertete die Talkshowsendungen von ARD und ZDF in 2017 aus und bilanzierte: „Bühne frei für Populisten“. Themenhäufung bei den Polittalks: Flüchtlinge, Islam, Terrorismus und von vorn. Und so ging es dieses Jahr weiter, bis hin zur „Hart aber fair“-Folge mit der sagenhaft idiotischen Überschrift „Flüchtlinge und Kriminalität“ (siehe rechte Seite).

In diesem Sinne nun also eine kleine Sonntagskrimi-Studie: Seit Mitte April gab es ein ermordetes libysches Geschwisterpaar samt brauner Dorfgesellschaft in Franken, eine Brandenburger Aussteiger-Community, die nur Alternativen Fakten glaubt, Blut-und-Boden-Biobauern im Schwarzwald, „Freiländer“, die gegen die „Deutschland GmbH“ wettern, in Niederbayern. Und nun mit dem deutlichen Rostocker „Polizeiruf 110: ‚In Flammen‘ “ erneut als Biobauern getarnte völkische Siedler, die Frauen bezopft, beschürzt, kinderreich, die Männer kernig.

Was für ein Schnitt: zwei Monate, fünf Fälle, die die Agenda der Rechtsnationalen spiegeln. Und die versuchen, die Absurdität ihrer Argumentation nackt zu machen. Das gelingt mal schlechter (Franken), mal besser (Schwarzwald), mal verdruckst (Franken), mal sarkastisch-angepisst (München). Dass das Ermittlerduo Bukow (Charly Hübner) und König (Anneke Kim Sarnau) in der infrastrukturell schwachbrüstigen AfD-Hochburg Meckpomm mit Rechtsnationalen konfrontiert sind, wundert da nicht weiter.

Im „Polizeiruf“-Kosmos (Regie Lars-Gunnar Lotz, Buch Florian Oeller) heißt die AfD „PFS“. Deren Kandidatin für das Amt der Rostocker OB, Sylvia Schulte (eine Frauke-Petry-Lookalike) wird verbrannt. Zum Verdächtigenkreis zählen andere PFSler, ihr völkisch-brauner Exmann von erwähntem rechten Siedlerhof und der syrische Flüchtling, der für Schulte gearbeitet hat.

Was diese Krimifolge trotz ihrer Siedlerklischees von allen anderen unterscheidet, ist, dass endlich die richtige Sprache gefunden wird. Kleiner Dialogbeweis: Wenn „schlaue Leute wie Sie“, die „von da oben mit einer Moralgrütze über andere herziehen“, so Bukow zu König, „das nimmt den Menschen nicht die Angst vorm Versagen.“ – „Wir haben doch alle Angst“, keilt die zurück, das sei „kein Ticket“ für alles. Und: „Die PFS vergleicht Flüchtlinge mit Naturkatastrophen“, wer an der Grenze auf Menschen schießen wolle, sie ins Gas schicken, „der ist nicht besorgt, der ist einfach nur ein Arschloch“. Haltung, liebe Polittalkredaktionen, Haltung.

Rostock-„Polizeiruf 110: ‚In Flammen‘ “, So., 20.15 Uhr, ARD