Abgesandte am Handy

Notizbuch: Auch das gibt es also bei Franz Kafka. Ein Manuskripts des Schriftstellers wird versteigert und am Schluss sind alle glücklich. Happy End im Bietergefecht

Eine schöne Geschichte, und dann auch noch mit Happy End; wir erzählen sie hier in aller Kürze gern mal. Und zwar wurde doch vergangene Woche in Hamburg ein Manuskript Franz Kafkas versteigert. Sechs Seiten, auf denen Kafka die Idee für einen Roman umreißt, den er zusammen mit seinem Freund Max Brod schreiben wollte – was dann aber nie geschah. Im „Hamburg-Journal“ des NDR konnte man sich ansehen, wie so eine Versteigerung abläuft: Menschen sitzen am Handy, das sind Abgesandte der anonym bleibenden Bieter, die sie an der Strippe haben. Manchmal halten sie Karten mit Ziffern hoch, das heißt dann, dass sie weiter mitbieten wollen. Auf 60.000 Euro war das mögliche Ergebnis der Manuskript-Versteigerung im Vorfeld geschätzt worden, am Schluss kamen nach einem Bietergefecht sogar 150.000 Euro heraus. Als der glückliche Sammler aber erfuhr, wen er überboten hatte, das Literatur­archiv in Marbach nämlich, verzichtete er nicht nur auf den ihm zustehenden Besitz, sondern überwies sogar noch die Differenz zum letzten Marbach-Gebot. Das Archiv hatte von einem netten Menschen 140.000 Euro geschenkt bekommen, um mitbieten zu können. So waren am Schluss, selten genug bei Kafka, alle glücklich. Richtig kafkaesk wäre die Sache aber gewesen, wenn sich ein anonymer Sammler mit zwei Abgesandten selbst überboten hätte. Dirk Knipphals