AfD dankt Polizei

Der „Frauenmarsch“ erreicht dank eines massiven Polizei­aufgebots sein Ziel vor dem Kanzleramt. 300 laufen mit

Mit Deutschlandflagge und Nationalhymne: Der „Frauenmarsch“ am Samstag Foto: Stefan Boness

Von Daniél Kretschmar

„Ich erteile Ihnen einen Platzverweis. Hier kommt gleich der AfD-Aufmarsch vorbei, und das ist zu Ihrer Sicherheit und auch für die der Demoteilnehmer.“ Die Gäste im Außenbereich eines kleinen Cafés am südlichen Ende der Friedrichstraße werden von den Polizeibeamten an diesem Samstagnachmittag bis auf wenige Ausnahmen offenbar der linken Szene zugeordnet. Die Beamten fordern sie auf, um die Ecke und hinter die nächste Absperrung zu gehen.

Auch sonst zeigt die Polizei wenig Langmut. Wer versucht, näher an den sogenannten Frauenmarsch der Anmelderin Leyla Bilge zu gelangen oder ihn gar zu blockieren, wird zügig abgedrängt.

Mitte ist abgeriegelt

Überhaupt ist das Polizeiaufgebot, gemessen an der Größe der Demonstration, gewaltig. Auf dem ersten Kilometer der Friedrichstraße reiht sich ein Mannschaftswagen an den nächsten. Mitte ist in weiten Teilen abgeriegelt. So gelingt es den etwa 300 TeilnehmerInnen der AfD-Veranstaltung, ihre komplette Demoroute zu laufen: vom Kreuzberger Mehringplatz bis vor das Kanzleramt, vorgeblich zur Mahnung vor frauenverachtenden Verbrechen von Geflüchteten und Migranten. Der Name Susanna fällt an diesem Nachmittag oft: Das 14-jährige Mädchen aus Mainz war Ende Mai von einem Flüchtling aus dem Irak vergewaltigt und erdrosselt worden.

Gesammelt hatte sich der Aufmarsch im inneren Rund des Mehringplatzes. Als die Demo beginnt, halten im äußeren Ring gut 150 GegendemonstrantInnen eine Kundgebung ab. Sichtbarer noch als sie ist der Protest mit Transparenten, die aus Fenstern und von Balkons hängen: Die AnwohnerInnen sind eindeutig abgeneigt.

Relativ pünktlich läuft der „Frauenmarsch“, der sich zu mindestens 60 Prozent aus Männern zusammensetzt, schließlich los. Vereinzelt schaffen es GegendemonstrantInnen mit Anti-AfD-Sprechchören bis auf wenige Meter an die Demo heran – offenbar waren nicht alle Café-Gäste an der Route bei der polizeilichen Gesichtskontrolle auffällig geworden. Tätlichkeiten bleiben aber auf der gesamten Strecke aus.

Beim letzten Versuch war die Demo vom Gegenprotest gestoppt worden

Der Verantwortliche im Lautsprecherwagen der Polizei gibt sich gut gelaunt und lobt unter anderem „die Besonnenheit“ der AfDler: „Wir machen ja auch die Strecke frei, wie es sich gehört.“ Eine von den Veranstaltern vorab zum Schutz der Veranstaltung angekündigte rechte Bikergang erscheint allerdings nicht. Einige der Teilnehmer tragen jedoch einschlägige Tattoos, darunter der persönliche Bodyguard der Anmelderin Bilge.

Jugendliche Anhänger der rechtsextremen Identitären Gruppe tragen derweil T-Shirts mit dem Spruch „Defend Europe“ spazieren, auch Warnwesten mit der Aufschrift „Free Tommy Robinson“ sind häufig zu sehen. Robinson ist ein mehrfach vorbestrafter englischer Rechtsradikaler, der sich zurzeit wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen in Haft befindet. Unter seinesgleichen wird er als Vorkämpfer der Meinungsfreiheit gehandelt und als Anti-Islam-Aktivist gefeiert.

Wohl etwas überrascht vom eigenen Erfolg und reichlich ermüdet erreicht der Aufzug gegen 17.30 Uhr das Kanzleramt. Beim letzten Versuch im Februar waren die AfDler noch in Kreuzberg von GegendemonstrantInnen gestoppt worden. Die kurzen Redebeiträge auf dem Weg an diesem Samstag beschränken sich auf überschwängliche Dankesworte an die Berliner Polizei. Ganz am Ende wird noch die Nationalhymne gesungen. Man beschränkt sich auf die dritte Strophe.