Deutschland, Frankreich und die EU: Brüssel bleibt skeptisch

Merkels Antwort auf Macrons Pläne für die EU wird eher zurückhaltend aufgenommen. Besonders das Budget für Investitionen ist ein strittiger Punkt.

ngela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron geben sich bei einem EU-Gipfel nach einer Pressekonferenz die Hand

Sind sich nicht immer einig: Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Macron Foto: ap

BRÜSSEL taz | Verhaltene Freude in Brüssel, auffällige Zurückhaltung in Paris: Die Reaktionen auf die Reformvorschläge von Kanzlerin Angela Merkel für die Europäische Union fallen vorsichtig aus. Drei Wochen vor dem entscheidenden EU-Gipfel ist die Stimmung gedämpft, die Skepsis bleibt groß.

Merkel hatte am Sonntag ihre Antwort auf die Visionen von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron skizziert. Unter anderem schlug sie die Schaffung eines Investitionshaushalts in „niedriger zweistelliger Milliardenhöhe“, einen Europäischen Währungsfonds mit deutschem Vetorecht und eine Eingreiftruppe im Rahmen bestehender EU-Strukturen vor.

In Brüssel kam das gut an. „Wir begrüßen die Ideen von Kanzlerin Merkel, die Einheit und Fähigkeit der EU zu stärken“, sagte der Chefsprecher von Kom­missionspräsident Jean-Claude Juncker. Besonders erfreulich sei, dass die Kanzlerin die Verhandlungen über den nächsten, ab 2021 gültigen EU-Finanzrahmen noch vor den Europawahlen 2019 abschließen will.

Auf strittige Details ging der Sprecher aber nicht ein. Stattdessen verweist die EU-Kommission auf ihre eigenen Vorschläge, die bereits seit Anfang Dezember auf dem Tisch liegen und vom deutschen Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU) mitformuliert wurden. Diese lägen viel näher bei Merkel als bei Macron, heißt es in Brüssel.

In Paris sieht man das anders: Merkel „nähert sich der französischen Sichtweise an“, freute sich der Pariser Élysée-Palast in einer Stellungnahme. Von den französischen Medien wird diese Einschätzung jedoch nicht geteilt. So stellte die Tageszeitung Le Monde heraus, dass Merkel weiter eine „Haftungsgemeinschaft“ ablehne.

„Solidarität darf nicht zu einer Schuldenunion“ führen, zitiert die Zeitung die Kanzlerin – dabei hat Macron eine solche Transferunion nie gefordert. Der französische Staatschef will ein eigenständiges Eurobudget, das nicht aus neuen Schulden, sondern aus neuen Steuern – etwa auf Internet-Giganten wie Apple oder Google – finanziert würde.

Merkel geht kaum weiter als 2012

Doch die Internetsteuer kommt in Merkels Vorschlägen nicht vor. Und ihr „Investitionshaushalt“ fällt wesentlich bescheidener aus als Macrons Eurobudget. Es soll zudem erst langsam „aufwachsen“ – und wäre deshalb wohl kaum geeignet, wirtschaftliche Schocks etwa durch eine neue Eurokrise abzufangen.

Dasselbe gilt für den vorgeschlagenen Europäischen Währungsfonds. Da Merkel keine Aufstockung vorschlägt, wäre er wohl auch künftig nicht in der Lage, eine (hypothetische) finanzielle Schieflage in Ländern wie Italien aufzufangen. Selbst vorbeugende Hilfen sollen an strikte Reformauflagen gebunden werden – für Rom ein rotes Tuch.

Dennoch geht Merkel nach Ansicht deutscher Euro-Kritiker schon jetzt viel zu weit. „Ein Investivhaushalt im zweistelligen Milliardenbereich für kriselnde Eurostaaten zeigt gerade, dass manche Staaten ohne fremde Hilfe im Euro nicht überleben können“, meint der Europaabgeordnete Bernd Lucke, der einst die AfD mitgründete.

In Wahrheit geht die Kanzlerin kaum weiter als 2012, als sie schon einmal einen Sonderfonds für die Eurozone vorgeschlagen hatte. Auch damals, auf dem Höhepunkt der Eurokrise, war von „niedriger zweistelliger Milliardenhöhe“ die Rede. Den meisten EU-Ländern und der EU-Kommission war das damals zu wenig. Die Brüsseler Behörde wollte bis zu 150 Milliarden Euro bereitstellen.

Davon ist heute keine Rede mehr. Haushaltskommissar Oettinger hat erst letzte Woche einen eigenen, von der EU-Kommission verwalteten Krisentopf vorgeschlagen hat. Umfang: 30 Milliarden Euro.

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